Hartwig Hausdorf: Das chinesische Roswell

Hartwig Hausdorf:
Das chinesische Roswell

Neue außerirdische Spuren in Ostasien

 

HausdorfVor rund 20 Jahren erschien von Hartwig Hausdorf das Buch »Die weiße Pyramide«, in dem er rätselhafte Artefakte und Berichte aus Ostasien behandelte. So ist man geneigt zu vermuten, dass es sich bei dem kürzlich erschienenen »Das chinesische Roswell« einfach um eine Neuauflage mit neuem Titel handelt. Tatsächlich hat sich Hausdorf an die damalige Gliederung gehalten und seine alten Texte recycelt, indem er sie umformuliert hat. Allerdings hat er sie auch mit neuen Informationen versehen, die vor 20 Jahren noch nicht bekannt waren. Zudem ist einiges an Material hinzugekommen, so dass man nach 20 Jahren durchaus wohlwollend sagen kann, dass es eine völlig überarbeitete und erheblich aktualisierte Ausgabe ist.

Der Titel hat mich natürlich sofort angesprochen. Gab es in China den Absturz eines vermeintlich außerirdischen Flugkörpers, angeblich gefundene Leichen, Vertuschung der Militärs usw., eben all das, was man dem klassischen Roswell-Fall zuschreibt?

Bevor jedoch Hausdorf das Thema aufgreift, stellt er zuerst die provokante Frage, ob die »gelbe Rasse die Nachfahren einer besonderen, nicht von dieser Welt stammenden Spezies« darstellt, weil sie sich »in ihrer Physiognomie sichtlich von den anderen Menschenrassen« unterscheiden würde. Zudem seien uns die alten Chinesen in vielen »Errungenschaften und Erfindungen« immer gleich mehrere Nasenlängen voraus, und der Autor verknüpft das mit der Frage, ob da nicht »außerirdische Lehrmeister« Entwicklungshilfe geleistet hätten.

An anderer Stelle wird es skurril, wenn er einem Illusionisten dabei zuschaut, wie er einen Radiorecorder in einen Pappkarton steckt und auf zauberhafter Weise verschwinden und wieder auftauchen lässt. Ein toller Trick, eine bemerkenswerte Illusion, würde jeder sagen. Da er sich das jedoch nicht erklären kann (das ist ja der Sinn bei den Zauberkünsten), denkt er angesichts seines Unverständnisses darüber nach, ob hier nicht dieselben Effekte eine Rolle spielen, wie bei den Photonen-Teleportationsexperimenten an der Universität Peking. Teleportation… eine Fähigkeit, die Außerirdische der »gelben Rasse« hinterlassen haben und die sich chinesische Illusionisten zunutze machen? Solche spekulativen Fragen, mal mehr, mal weniger krass, ziehen sich eigentlich durch das gesamte Buch.

Doch was hat das alles nun mit dem »chinesischen Roswell« zu tun? Nichts… und nicht mal das, was Hausdorf im Folgenden dem Leser nahezubringen versucht. Das »chinesische Roswell« soll sich nämlich schon vor 12.000 Jahren abgespielt haben, und es handelt sich dabei um die in der Prä-Astronautik-Szene bekannte Geschichte des angeblichen Zwergendorfes im Baian-Kara-Ula-Gebirge, in dem man rätselhafte Steinscheiben fand, die mit Rillen-Hieroglyphen versehen sind. Diese will man entziffert haben, und danach sollten sie von auf der Erde gestrandeten außerirdischen Weltraumfahrern erzählen, die sich nach ihrem Absturz in dem Gebiet angesiedelt hätten. 12.000 Jahre? Ist jetzt keine so lange zurückliegende Zeit. Da hätte man doch ein paar Überreste des abgestürzten Flugkörpers oder sonst irgendwelche Spuren ihres Daseins entdecken müssen. Nichts… nur ein paar Steinscheiben, die jedoch schon lange niemand mehr zu Gesicht bekam und die nun vermutlich in einem Kellerarchiv eines Museums tief vergraben sind. (Zur Information: Walter Hain: Die »Steinteller« von Bayan-Kara-Ula, http://atlantisforschung.de/index.php?title=Die_%22Steinteller%22_von_Bayan-Kara-Ula)

Geradezu absurd wird es, als Hausdorf Tektite eine »verblüffende Ähnlichkeit mit Steinverglasungen« zuspricht, »wie sie bei atomaren Testexplosionen in heutiger Zeit entstanden sind« und dabei von »radioaktiven Steinen unbekannter Herkunft« spricht. Tektite findet man in verschiedenen Gebieten der Erde, u. a. eben auch in Südostasien und China. Es handelt sich dabei um irdisches Auswurfmaterial, das beim Einschlag größerer Meteorite auf die Erde entstanden ist. Und radioaktiv sind sie in der Regel auch nicht, denn dann hätte ich mit meiner eigenen Meteoriten- und Tektitensammlung ein Problem. Ein Blick in die Wikipedia-Enzyklopädie hätte gereicht und Hausdorf hätte den Unsinn nicht schreiben müssen.

Ansonsten reiht sich das Buch in die übliche Reihe der hochspekulativen Prä-Astronautik-Literatur ein. Hier ein paar merkwürdige Überlieferungen, da einige technisch interpretierbare Texte, hier einige ungewöhnliche archäologische Artefakte, da ein paar kuriose historische Kunsterzeugnisse und zu guter Letzt auch noch das UFO-Phänomen, das sich in China nicht anders darstellt als im Rest der Welt.

Würde Hausdorf sein »Das chinesische Roswell« umbenennen in »Rätselhaftes China«, sich auf die reinen Reiseeindrücke beschränken und eine sachliche Darstellung der archäologischen Besonderheiten, wäre das Buch gar nicht mal so schlecht. Aber das wilde Spekulieren ist völlig unbegründet. Wenn sich archäologische Artefakte und Überlieferungen nicht bis ins letzte Detail erklären lassen, ist es legitim, Fragen zu stellen. Aber muss man immer gleich außerirdische Besucher als Erklärungsansatz hinzuziehen? Erhellender wäre es gewesen, wenn er sich intensiver um Fachmeinungen bemüht oder sich auf die Suche nach entsprechender Fachliteratur, auch chinesischer, begeben hätte. Aber mit dem Thema angemessener Quellenrecherche hat der Autor es offensichtlich nicht so. Wenn der Autor nicht mal in der Lage ist, deutsche Fachquellen hinzuzuziehen, und damit meine ich keine andere prä-astronautische Literatur, sondern Wikipedia (siehe oben), oder das Internet überhaupt (Zitat: »Ich bin kein Freund des World Wide Web.«), dann gehe ich jede Wette ein, dass er mit archäologischen Literaturquellen überhaupt nicht vertraut ist, mit fremdsprachigen schon mal gar nicht, wie sein Quellenverzeichnis zeigt.

So wirkt das Buch stellenweise langatmig. Wieder eine Geschichte und noch eine Anekdote, dann noch eine, das habe ich doch schon zehnmal woanders gelesen, darüber hat Erich von Däniken doch schon vor 40 Jahren geschrieben, usw. Eine Aneinanderreihung von Kuriositäten, die bis auf wenige Details letztendlich dem sachkundigen Leser nichts Neues bringen und keine besonderen Erkenntnisse liefern. Und dem unbedarften Leser, der mal in die Thematik hineinschnuppern möchte? Ja, der lässt sich mangels alternativer Kenntnisse von Hausdorfs spekulativer Präsentation blenden und wird am Ende sagen: »Ja, da können ja nur noch außerirdische Besucher ihre Finger im Spiel gehabt haben!« Und für die, die sich schon ein entsprechendes Weltbild angeeignet haben, ist es nur eine weitere Bestätigung.

Auch wenn es sich um eine aktualisierte Ausgabe seines vor rund 20 Jahren erschienenen Werkes handelt, wird man erkennen, dass auch mit den neu hinzugefügten Informationen der Erkenntnisgewinn nicht gestiegen ist. Eigentlich hat sich in den 20 Jahren nicht viel getan und Hartwig Hausdorf spekuliert heute wie damals über dieselben vermeintlich rätselhaften Dinge. Ich denke, dass man nicht viel verpasst hat, wenn man das Buch nicht gelesen hat.
Hans-Werner Peiniger

 

272 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-7766-2726-8, 19,99 EUR
Herbig Verlag
www.herbig-verlag.de
München, 2013

 

Quelle: JUFOF Nr. 214: 124 ff