Don Berliner, Whitley Strieber:
UFO Briefing Document: The Best Available Evidence
»Bin ich Rockefeller?«
Das kam in den 60-ern immer dann als Protest, wenn man jemandem einen Vorschlag machte, der Geld kostete. Rockefeller stand für »quasi unbegrenzt Geld haben«. Nun brachte die Rockefeller-Dynastie auch einen Spross hervor, der etwas mit UFOs zu tun hatte: Laurance Spelman Rockefeller, 1910–2004. Im COMETA-Report bin ich auf seinen Namen aufmerksam geworden und las im Internet, dass dieser Rockefeller angeblich 60 unumstößliche UFO-Berichte zusammen tragen ließ und sie an (mehr als 100) einflussreiche Größen aus Politik und dem gesellschaftlichen Leben schickte, um das UFO-Thema offizieller zu pressieren. Die Geschichte interessierte mich und ich fand obiges Buch, wo die 60 UFO-Fälle drin sein sollten. Und die 100 Empfänger auch? Und was haben diese Rockefeller geantwortet?
Das Buch lässt keine detaillierten Rückschlüsse auf das Material zu, was 1996 an die ausgewählten Zielpersonen geschickt wurde. Und letztere bleiben auch teilweise ungenannt, es heißt, dass das Weiße Haus und jedes Kongressmitglied und andere im öffentlichen Leben wichtige Persönlichkeiten ein Exemplar bekamen. Andere Regierungen wurden auch bedacht, im COMETA-Report z. B. wurde das Briefing Document gewürdigt. Das Buch ist nicht einfach eine Kopie des Materials, was verschickt wurde. Es handelt sich um ein später veröffentlichtes Taschenbuch, was aber auf dem vorbereiteten Material basiert.
Ein Rockefeller lässt natürlich arbeiten. Mit der Koordination und Mithilfe wurde Marie Galbraith betraut. Als UFO-Spezialisten wurden Don Berliner und Antonio Huneeus angeheuert, die das Material zusammen zu tragen hatten. Welche Rolle die UFO-Größe Whitley Strieber vollends spielte, bleibt im Buch selbst unbeschrieben. Er erstellte zumindest die 11-seitige Einführung, wo eben der Werdegang des Briefing Documents beschrieben wird.
Demnach stellte sich Rockefeller vor, eine völlig überzeugende Menge UFO-Fälle zusammen tragen zu lassen, die gar nicht erst die Frage aufkommen ließen, ob man an UFOs nun glaubte oder nicht, sondern nur, wie die Gesellschaft mit der Realität UFOs umgehen musste. Als diese dann 1996 verschickt wurden, wurde zeitgleich die Presse darüber informiert. Man wollte wohl Druck aufbauen. Die Presse verriss aber eher die Aktion: »Ein Reicher front seinem seltsamen Steckenpferd«. Und so warteten Rockefeller und seine verschwörerische Mannschaft Jahre vergeblich auf Antwort. 1997 setzte Rockefeller nach und engagierte Dr. Peter Sturrock für einen Workshop, aus dem als Ergebnis das Buch »The UFO Enigma« 1998 veröffentlicht wurde (warum dieses Buch denselben Titel wie das Buch von Marcia Smith von 1976 bekam, bleibt offen). Die Resonanz war positiv, und 2000 veröffentlichte man das Briefing Document, das – so muss man wohl annehmen – wesentlich das Material enthielt, welches zuvor 1996 verschickt wurde.
Handelt es sich hier um das Verramschen von zuvor gescheitertem Material?
Das Taschenbuch ist in Englisch, hat 243 Seiten und kostete mich – inkl. Versand – 15,57 Euro. Es enthält, neben der 11-seitigen Einleitung von Strieber, gut 100 Seiten UFO-Fälle, 55 Seiten Kommentare / Anmerkungen / Zitate von Politikern, Militärs, Astronauten und Wissenschaftlern und 30 Seiten etwas unorthodox zusammengestellten Anhang. Umrahmt wird das Buch von sehr kurz gehaltenen Beiträgen der CUFOS, FUFOR und MUFON. Diese garantieren – mit Unterschrift – dem Leser, dass das Briefing Document wirklich das beste UFO-Material enthält und stellen sich auf eineinhalb Seiten ganz kurz im Anhang vor.
Mittlerweile gibt es sicherlich Neueres auf dem Büchermarkt. Doch das Jahr 1996 erlebte bereits die Öffnung von einigen zurückgehaltenen Akten (1984 Schweden, 1991 – zwar nur erst 124 Seiten – Russland, ab 1992 Spanien), die Belgienwelle und das Stichwort »Project Mogul« zum Roswell-Fall.
Der UFO-Nullpunkt wird mit dem Zweiten Weltkrieg und 1944 gesetzt, also geht es mit den Foo-Fighters los. Es erscheinen dann in chronologischer Folge mal ein, mal mehrere Fälle zu den Geisterraketen in Skandinavien, der ersten, der zweiten Sichtungswelle in den USA, einem Radar-und Zeugenfall in England, der dritten Sichtungswelle in den USA, einem fotografischen Fall in Brasilien, einem Landefall in New Mexico, Falcon Lake in Kanada, einem UFO-Fall über einer strategischen Militärflugbasis an der U.S.-kanadischen Grenze, Fälle mit sehr vielen Zeugen in den Kanarischen Inseln, der Teheran-Fall 1976, Rendlesham Forest, Trans-en-Provence, Flugzeugfall über Brasilien, 747 über Alaska, mehrere Zeugensichtung über einer russischen Raketenbasis, die Belgienwelle und – nach dem Motto »zuletzt reingekommen« – Fälle ab 1991 aus Paraguay, Mexiko, England, den USA.
Wir haben somit – wie erwartet für Bücher mit dem Anspruch der endgültigen UFO-Beweisführung – Fälle aus vielen Ländern, mit und ohne Radar, mit einem, mit mehreren und mit besonders als zuverlässig eingestuften Beobachtern, mit Fotografien, mit physischen Beweisen (Abdrücke, dehydrierte Pflanzen, Störungen bei technischen Geräten), mit medizinischen Einflüssen und auch einem Beispiel eines scheinbar größer werdenden Objekts. Es werden keine USO-Fälle und Entführungsfälle angeführt.
Es werden die üblichen Themen angesprochen, wie Glaubwürdigkeit, Strangeness, Formen, Geschwindigkeit / Flugverhalten, Lautlosigkeit, Lichter, sind sie reale Objekte, woher mögen sie kommen, was haben sie für Ziele, wie ist die Haltung der Regierungen, offene oder halboffene Projekte bis hin zum Condon-Projekt, Akten unter Verschluss und deren Freigabe. Das Buch enthält sozusagen eine wohlüberlegte Mischung vieler Fallarten mit nebenbei einer recht soliden Einführung in das Vokabular, der Grundfragen und Vorgehensweisen der UFOlogie. Alle Achtung.
Natürlich sind manche Darstellungen recht knapp (z. B. vom Projekt Sign bis Condon in zwei Seiten), so dass z. B. der Fall 747 über Alaska auf mich gar nicht wirkte, dafür habe ich bislang eine derart gelungene Kurzfassung zur Belgien-Welle auf fünfeinhalb Seiten noch nicht gesehen. Pauschal muss man sagen, dass es sich aber eher um eine Fallübersicht und weniger einer ausführlichen Darstellung, Aufarbeitung und Diskussion von UFO-Fällen handelt. Wobei z.B. im Falcon-Lake-Fall auch Skepsis und Kritik genannt werden. Die genannten guten UFO-Fallzahlen habe ich überhaupt nicht geglaubt. Dem Buch nach müsste es allein in Deutschland 1.260 gute, glaubwürdige UFO-Fälle geben.
Obwohl die alten Hasen sagen werden, dass das alles überhaupt nichts Neues mehr sei, wurde ich dennoch immer mal zwischen durch von einigen eingestreuten Infos überrascht, die ich so noch nicht gehört hatte. Natürlich ist das Buch zum Roswell-Fall auch tendenziös, und der UFO-Begriff wird bisweilen hart an der Grenze als Synonym zum außerirdischen Raumschiff benutzt. Ich denke, das ist auch einer der Gründe, warum das Thema »Hessdalen« nicht aufgegriffen ist.
Es sind bisweilen ganz überraschende Infos eingestreut: Die Luftraumüberwachung könne in 50.000 km Entfernung einen Ping-Pong-Ball erkennen, und es sei ohne Probleme möglich, auch große Teile des Luftraums per High-Speed-Kameras zu überwachen. Warum passiert denn dann nichts? So eine der bewusst fordernd gestellten Fragen.
Die Sammlung von Zitaten zum UFO-Thema von Politikern, Militärs, Astronauten und Wissenschaftlern ist außergewöhnlich umfangreich (88 Stück an der Zahl) und sicherlich für den einen oder anderen ein Fundus.
Der Anhang wirkt auf mich ungewöhnlich:
• Projekte der USA und nochmals etwas zum Roswell-Fall
• zwei Hearings der USA
• das internationale Abkommen zum UFO
• Charakteristik eines UFOs
• die als Standard gesehene Fallklassifikation
• einige Quellen zum UFO-Thema
• und eben die Kurzdarstellung von CUFOS, FUFOR und MUFON
Persönlich war ich von dem Taschenbuch positiv überrascht. Selbst wenn vieles uns bereits bekannt ist, bietet es dennoch wohl geordnet ein großes Pensum an UFO-Material, geeignet z. B. für einen Einsteiger, um sich mit dem allgemeinen UFO-Konsens vertraut zu machen, sicherlich auch, um die ein oder andere Kleinigkeit nachzuschlagen. Und da es dem Taschenbuchcharakter nach kommt, ist es leicht und angenehm zu lesen, als Spaß nebenbei allemal tauglich und durchaus empfehlenswert. Nun wissen wir auch um eine der Rollen von Laurance Rockefeller. Wobei aus der wissenschaftlichen Sicht das Geschehen und Ergebnis um Dr. Peter Sturrocks »The UFO Enigma« 1997 / 1998 ungleich spannender und gereifter ist. Eine Rezension dazu wird folgen.
Klaus Felsmann
256 Seiten, broschiert, ISBN 978-0-440-23638-2
Dell-Verlag
http://www.randomhouse.com/book/12561/ufo-briefing-document-by-don-berliner
New York, 2000
Quelle: JUFOF Nr. 210: 181 ff