Erich von Däniken: Grüße aus der Steinzeit

Dass Erich von Däniken mit seinem neuen Buch „Grüße aus der Steinzeit“ jetzt einen Bildband vorlegt ist nicht weiter spektakulär, schließlich gab es dieser im Laufe seiner Karriere mehrere, zum Beispiel „Meine Welt in Bilder“ oder „Auf den Spuren der Außerirdischen“.
Allerdings änderte Däniken mit diesem neuen Bildband das Konzept und legt im Gegensatz zu früheren Werken keine Gesamtübersicht zum Thema Prä-Astronautik vor, sondern bleibt Themenspezifisch (im weitesten Sinne) bei Höhlenmalereien und steinzeitlichen Denkmälern. Gleichzeitig kündigt er im Vorwort an, jedes Jahr einen weiteren Band mit weiteren Themen vorzulegen. Ebenso wie er anmerkt, dass der Insider in diesem Buch keine Neuigkeiten erfahren wird.
In der Tat war das im Grunde auch nicht zu erwarten. Und wenn man ehrlich ist, wirklich Neues war in den letzten Jahren in seine Bücher sowieso immer nur zwischen Altbekannten eingestreut. Wer als Insider einen neuen Däniken kauft, der tut das in der Regel als Sammler, wenn man ehrlich ist.
„Grüße aus der Steinzeit“ hat 3 große Kapitel, die die Themenschwerpunkte vorgeben und zu denen hier einzelne Aspekte heraus gegriffen werden sollen.

1. Kapitel: Inseln im Pazifik.
In diesem Kapitel gibt es, die vielen, häufig schon bekannten, qualitativ aber sehr guten Bilder begleitend, kurze Texte zu verschiedenen archäologischen Stätten der Südsee, etwa über die Festung von Nan Madol, der auf den Inseln zelebrierte Maskenkult oder zu dem „Rätsel“ der Osterinsel.
Nan Madol, um ein Beispiel aus diesem Kapitel herauszugreifen wird mit den üblichen stilistischen Mitteln versucht der Hauch des Unerklärlichen aufzuerlegen.
Zur Information vorab, bei Nan Madol handelt es sich um einen in Mikronesien gelegenen, auf einem Korallenriff erbauten Festungskomplex, bestehend aus 92 künstlich angelegten Inseln. Diese Festung ist aus beeindruckenden Basaltsäulen zusammengesetzt und durch ein Kanalsystem befahrbar.
Von vielen farbigen und guten Bildern begleitet wirft Däniken hier die üblichen Fragen auf, etwa wie die Basaltsäulen die 25km vom Steinbruch zur Baustelle transportiert wurden (S. 13) und warum es keine Statuen und Malereien gäbe, wie es sich für einen Königspalast gehöre (S. 16). Diese Art des „Rätselaufbaus“ ist quasi obligatorisch in der Prä-Astronautik und die Monumente bei gleich bleibender Fragestellung frei austauschbar.
Selbiges gilt für den Verweis auf Mythen, der natürlich auch in diesem Fall folgt, wo etwa die Geschichte von den zwei Zauberern wiedergegeben wird, die die Basaltsäulen mittels eines Zauberspruchs zum Bauort fliegen ließen (S. 18) oder der, nach der ein Feuerspeiender Drache das Symbol Nan Madols sei (S. 23).
Die Assoziation des Fliegens und des Drachens (Feuer speiendes Ungetüm = Raumschiff?) reichen hier wieder für allerhand Spekulationen.
Einmal abgesehen von der äußerst eigenwilligen Deutung dieser Mythen, werden andere die nicht ins Konzept passen gar nicht erst erwähnt, etwa die, wonach ein Krieger namens Olosopha aus dem Süden kommen die Stadt gründete.[1]
Der rhetorische Handgriff bei Däniken ist natürlich der, dass er keine eindeutige These aufstellt, nur „Fragen stellt“, es aber doch bei suggestiven Anmerkungen belässt, die dem Leser einen wie auch immer gearteten Bezug zu Astronautengöttern herstellen sollen.
Andere Punkte bleiben dagegen unerwähnt, etwa, dass in entsprechendem Gebiet bis zu 6 Meter lange Krokodile vorkommen[2], die durchaus als Vorbild für entsprechende Mythen von Drachen gedient haben könnten.
Auch andere Geschichten aus dem einheimischen Sagengut zeigen, dass eine außerirdische Deutung nicht so selbstverständlich ist, wie Däniken suggeriert. So heißt es zum Beispiel – und wird als möglicher Hinweis auf melanesische Eroberer gewertet – dass der erste und mythische Häuptling namens Olosopha aus dem Süden mit einem großen Kanu gekommen sei.[3]

2. Kapitel: Grüße an die Götter
Der zweite Abschnitt des Buches befasst sich unter anderem mit den Hopi-Indianern und mit den Scharrbildern von Nasca und weiteren Geoglyphen in anderen Teilen der Welt.
Der „Wert“ der Hopi-Überlieferungen liegt vor allem in ihrem Wandermythos, demzufolge es nach der Schaffung der Welten durch den Schöpfer Taiowa immer wieder zur Vernichtung dieser Welten kam, da die Menschen sich nicht an den göttlichen Plan hielten. Die gegenwärtige Welt ist die vierte und auf dieser wurden die Clans angewiesen, auf verschiedenen Wanderruten ihre Heimat zu finden.[4] Begleitet wurden die Clans hierbei von Geistwesen, die die Hopi Kachinas nennen. Laut Däniken (S. 99 f.) handelt es sich bei den Kachinas, die noch heute von den Hopi in Puppenform angefertigt werden, um göttliche Lehrmeister von den Sternen und schon lange werden diese Gestalten in der Paläo-SETI als die berühmten Astronautengötter gedeutet.
Beschäftigt man sich etwas umfangreicher mit den Glaubensansichten der Hopi, dann fällt es schwer dieser These zu folgen. So geben diese an, dass ein Kachina ganz allgemein um einen Geist irgendeiner Art handelt. Das heißt, ein Kachina kann ein „Stern, Berg, Planet, Tier oder eine unsichtbare Kraft [5]“ sein.
Wie vielfältig die Attribute sind, die die Hopi den Kachinas zusprechen, zeigt sich, wenn man die verschiedenen Sagen verfolgt. So heißt es, die Kachina als Geistwesen seien ausgesandt, um den Menschen jetzt auf der vierten Welt beizustehen und können hierzu auch in Gestalt ganz normaler Menschen erscheinen[6] und in anderen Episoden kämpfen die Kachinas mit Pfeil und Bogen.[7]
Die Deutung der Kachina von Däniken als außerirdische Raumfahrer, die die Menschen unterrichteten, bekommt durch derlei Schilderungen arge Risse und erscheint doch mehr als fragwürdig.

3. Kapitel: Steine können reden
Das abschließende Kapitel dieses Buchs widmet sich verschiedenen megalithischen Monumenten Europas, vornehmlich Newgrange in Irland, den Menhirkolonnen der französischen Bretagne und dem Dolmen von Gavrinis,
Abermals erfährt der Leser hier nichts Neues, verschiedene Petroglyphen, aber auch die die Anordnung der Megalithen werden für allerlei Zahlenspielchen heran gezogen, die ein angeblich fantastisches Wissen der Megalithbauer beweisen sollen. Wirkliche Substanz lässt sich hier leider nicht ausmachen. Ähnliche Versuche wurden schon bei der Cheopspyramide und anderen alten Bauwerken vorgenommen, bei denen die unterschiedlichsten Maße in Rechenoperationen in Beziehung zueinander gesetzt wurden um angebliches Wissen über den Erdumfang, astronomische Erkenntnisse usw. zu beweisen.
Ein Steinkreis (Cromlech) auf der Insel Er Lannic wird von Däniken als ein Hinweis darauf gewertet, dass die Megalithmonumente ein ungleich höheres Alter aufweisen, als es ihnen von der Wissenschaft zugestanden wird. Denn, dieser Steinkreis verläuft zum Teil ins Mittelmeer hinein, bis in 9 Meter Tiefe. Ist dieses Monument also 18000 Jahre alt, wie Däniken spekuliert? Als Hinweis hierauf wertet er den Fund einer Unterwasserhöhle in der Umgebung, dessen Funde auf ein Alter von 18400 Jahren datiert werden konnten. So lag der Wasserspiegel zu dieser Zeit 35 Meter tiefer als heute (S. 185).
Was Däniken nicht erwähnt ist, dass es einen postglazialen Meeresanstieg gab, der noch lange nachwirkte und den Meeresspiegel zum Beispiel in der Nordsee noch zwischen 500 v. Chr. Und 1500 v. Chr. Um 20cm pro Jahrhundert steigen ließ. Zwischen 1000 v. Chr. Und 2000 n. Chr. Waren es noch immer 11,5cm im Jahrhundert.[8] Wenngleich mir die genauen Zahlen für den Golf von Morbihan nicht vorliegen, so lässt sich guten Gewissens annehmen, dass auch hier ähnliche Veränderungen stattfanden. Spätere Sturmfluten werden ebenfalls zur Veränderung der Küstenlinie beigetragen haben.
Auch fällt es ein wenig schwer, Dänikens Argumentation zur astronomischen Ausrichtung von Newgrange, dem berühmten irischen Ganggrab zu folgen. Dieses verfügt über eine astronomische Ausrichtung, die zur Wintersonnenwende am 21. Dezember hin ein Lichtspektakel offenbart, indem die Sonnenstrahlen durch eine Öffnung fallend in die Anlage eintreten.
Däniken zweifelt nun (S. 208 ff.) so ziemlich alle Deutungen der Wissenschaft an. Die Funktion von Newgrange an Grabanlage, unter anderem mit dem Argument, dass das Lichtspektakel schließlich die Totenruhe stören würde und die Erbauer eine solche Funktion wohl nie eingebaut hätten. Außerdem wird der Aufwand für die Errichtung einer solchen Anlage durch Steinzeitmenschen als zu hoch bewertet und den vermuteten Bezug der Ausrichtung zu einem Kalender als „derart hohl, dass ich mich dagegen sträube.“
Als berechtigt lässt sich wohl keiner dieser Kritikpunkte ansehen. Dass Newgrange eine Grabanlage war, erschließt sich (selbst bei fehlenden Funden) aus dem Gesamtkontext indem die Anlage steht. Die Megalithkulturen des europäischen Neolithikums errichteten, in eigenen regionalen Baustilen abertausende von Monumenten. In vielen Fällen haben wir dazu die Skelett- und Knochenfunde, ebenso wie die Funde von Grabbeigaben. Noch nicht durch Erosion oder Grabräuberei zerstörte oder beschädigte Anlagen waren rundherum verschlossen und beweisen damit deutlich, dass ihre Funktion nicht die eine praktischen regelmäßigen Gebrauchs war.
In der Tat ist Newgrange auch nicht die einzige Anlage mit einer derartigen astronomischen Ausrichtung. Auf der Insel Sylt zum Beispiel weist Deutschlands größtes Ganggrab, der Denghoog (Thinghügel) eine ähnliche Ausrichtung auf und am 21.Dezember eines jeden Jahres wird das einfallende Sonnenlicht durch einen künstlich angeschliffenen Spiegelstein in der Grabkammer reflektiert und erhellt so die Kammer. Und ob man es glauben mag oder nicht, trotz dieser Störung der Totenruhe, fand man neben Keramikresten und Knochen im Denghoog sogar ein fast vollständiges Skelett.[9]
Auch Dänikens Zweifel an der „Kalenderfunktion“ erscheint arg konstruiert und erzwungen. Wir reden hier von Kulturen deren hauptsächliche Wirtschaftsleistung der Ackerbau war. Dementsprechend gut werden diese Menschen den Verlauf der Sonne innerhalb eines Jahres beobachtet und in ihre religiösen Überlegungen mit einbezogen haben. In der Tat fungierten Anlagen wie Newgrange hierbei nicht als Kalender zum praktischen Gebrauch, sondern waren Zeichen der religiösen Verehrung.
Abschließend lässt sich sagen, dass dieser neue Däniken in der Tat nichts Neues zu bieten, dies aber nicht versprochen hat. Stattdessen werden altbekannte Fragestellungen, Orte und Fundstücke mit den üblichen Argumenten vorgestellt, die Dänikens Meinung nach beweisen sollen, dass bisherige Ansichten zu unserer Vergangenheit falsch sind.
Begleitet werden diese Ausführungen durch qualitativ gute Fotos, die allerdings ebenfalls zum allergrößten Teil bekannt sind.
Damit bietet sich dieses Buch also vor allem für Sammler oder aber für Neueinsteiger an. Alle die nicht aus Prinzip Dänikens Bücher sammeln, sondern die Neuigkeiten erwarten, sollten es sich zumindest zweimal überlegen, ob die Grüße aus der Steinzeit dann die richtige Wahl sind.

André Kramer

 

Quellen:
Däniken, Erich von: Meine Welt in Bildern. 2. Auflage. Düsseldorf, Wien: Econ 1973
Däniken, Erich von: Auf den Spuren der Außerirdischen. München: Goldmann 1992
Kirchner, Gottfried: Südseeinseln aus Götterhand. In:Baumann, Peter; Kirchner, Gottfried: Terra X. Rätsel alter Weltkulturen. Frankfurt/M: Umschau 1983
Meier, Dirk: Die Nordseeküste. Geschichte einer Landschaft. Heide: Boyens 2006
Söl´ring Foriining e.V. (Hrsg.): Der Denghoog. Sylt: (o. Vlg. u. o. J.)
Waters, Frank: Das Buch der Hopi. Mythen, Legenden und Geschichte eines Indianervolkes. München: Knaur 2000

[1] Vgl. Kirchner 1983, S. 48
[2] Vgl. a. a. O., S. 49
[3] Vgl. a. a. O., S. 48
[4] Vgl. Waters 2000
[5] a. a. O., S. 101
[6] a. a. O., S. 107
[7] a. a. O., S. 110
[8] Vgl. Meier 2006, S. 15 ff.
[9] Vgl. Söl´ring Foriining e.V. (Hrsg.) (o. J), S. 2

240 Seiten, gebunden, farbig illustriert, ISBN: 978-3-942016-40-7, EUR 19,95
Kopp Verlag
www.kopp.de
Rottenburg am Neckar, 2010

 

Quelle: JUFOF Nr. 191: 156 ff

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