Oliver Gerschitz: Drachensturz

UFO-Abstürze: Das ultimative Trauma!

Der Autor präsentiert in diesem 233-seiti­gen Buch eine Fülle von Informationen, Do­kumenten und Zeugenaussagen, die laut ihm die Existenz von Ab­stürzen außerir­discher Flugob­jekte belegen sollen.

Gerschitz kon­zentriert sich auf vier herausra­gende Fälle und beschreibt die angeblichen ge­heimen Bergungsaktionen der Militärs. Da­bei werden einige brisante Behauptungen aufgestellt, wie etwa:

  • Howard Hughes‘ angebliche Verbindung zum Roswell-Zwischenfall
  • Die Verhängung des Kriegsrechts über Kecksburg 1965
  • Der angebliche Abschuss eines UFOs durch die südafrikanische Luftwaffe 1989
  • Die mögliche Existenz einer neuen „Area 51“ seit 1989

Kritisch betrachtet, muss man jedoch anmerken, dass das Buch trotz seiner „fun­dierten Beweise“ stark in den Bereich der Spekulation und Verschwörungstheorien abdriftet. Die präsentierten „Fakten“ sind oft schwer zu verifizieren und basieren häufig auf fragwürdigen Quellen oder Interpretati­onen.

Zunächst ist nicht ganz klar, wie es zu dem Ti­tel „DRACHENSTURZ“ gekommen ist. Hat der Autor den Begriff metaphorisch verwendet, um die dramatische Natur der beschriebe­nen UFO-Abstürze zu unterstreichen? Sieht er hier Parallelen zu der Vorstellung eines abstürzenden Drachens, der ein Bild von etwas Mächtigem und Übernatürlichem, das plötzlich zu Fall kommt, vermittelt?

Gleich zu Beginn, in seiner „Warnung an den Leser!“, schreibt er, dass es „sicherlich UFO-Abstürze“ gab, „welche vollständig ge­heim gehalten werden konnten.“ Nun… so gut war dann die Geheimhaltung doch nicht, wenn er davon weiß. Aber es gab auch welche, die bekannt sind und zu de­nen Dokumente existieren, auch wenn sie zum Teil umstritten sind. Dabei beschränkt er sich auf den Roswell-Vorfall von 1947, den vermeintlichen Absturz bei Kecksburg 1965, den Kalahari-Zwischenfall (Abschuss eines Objekts) von 1989 und den angebli­chen Lesotho-Absturz von 1995.

Erfreulicherweise hat der Autor nicht, wie viele andere vor ihm, ausschließlich Litera­turstudien betrieben, sondern er hat tat­sächlich auch selbst recherchiert und dabei interessante Detailinformationen gewonnen.

Leider wirkt die Darstellung einseitig und lässt alternative Erklärungen außer Acht. So werden beispielsweise zum Roswell-Zwi­schenfall kritische Hintergrundinformatio­nen [1] ignoriert, oder der Autor Colonel Philip J. Corso wird als wichtiger Zeitzeuge präsen­tiert, obwohl selbst die britische Tageszei­tung „The Guardian“ Corsos Buch 2001 un­ter die Top 10 der literarischen Lügen wählte.

Zum Kecksburg-Vorfall zitiert der Autor verschiedene Augenzeugen und stellt die Ähnlichkeit zwischen dem vermeintlich ab­gestürzten UFO und dem NAZI-Geheim-pro­jekt “Glocke“ hervor. Während zu der „Glo­cke“ keine verifizierbaren Dokumente oder physische Beweise existieren, gibt es sehr wohl eine Ähnlichkeit zu der sowjetischen Venus-Sonde COSMOS 96, auf die wir schon im JUFOF Nr. 95, 5/1994 hingewiesen haben. Diese ist nach einem Scha­densfall am Tag des ver­meintlichen UFO-Abstur­zes, am 9.12.1965, wieder in die Erdatmosphäre eingetreten und, so wird vermutet, nahe Kecks­burg niedergegangen.

Venus-Sonde COSMOS 96

Oliver Gerschitz geht auf einen weiteren bekannten UFO-Zwi­schenfall ein. Danach sollen am 7.05.1989 südafrikanische Militärflugzeuge ein außer­irdisches Flugobjekt in Botswana abge­schossen haben. Es wurde behauptet, zwei außerirdische Wesen seien vor Ort in der Kalahari-Wüste gefangen genommen wor­den. Auch in diesem Fall konnten bis heute keine Primärzeugen ausfindig gemacht wer­den und die angeblichen Dokumente stammen alle aus einer umstrittenen Quelle. Nämlich von James van Greunen, der sich später als Spezialagent des südaf­rikanischen Militärgeheimdienstes mit angeblichem Zugang zu geheimen UFO-Informationen ent­puppte. Der UFO-Forscher Tony Dodd fand nach eigenen Angaben Beweise dafür, dass der Kalahari-Vorfall tatsächlich stattgefun­den hat. Andere Forscher blieben jedoch skeptisch aufgrund fehlender unabhängiger Bestätigungen.

Ähnlich verhält es sich mit dem ver­meintlichen Lesotho-Absturz vom 15.09.1995 Hier ist aber interessant, dass sich z.B. 1997 ein Beamter des lesothischen Verteidi­gungsministeriums, Mr. Abe Lochwela, bei dem Autor auf dessen Anrufbeantworter meldete, um mit ihm über dessen Recher­chen zu dem Fall zu sprechen. Lochwela sei nämlich in den Fall involviert gewesen. Allerdings waren weitere versuchte Kontaktaufnahmen nicht erfolgreich, weil er, wie Gerschitz vermutet, Repressalien befürchtete oder von Vorgesetzten daran gehindert wurde.

Auch hier war wieder die umstrittene Quelle James van Greunen derjenige, der wohl die Dokumente zu dem Fall in Umlauf brachte. Van Greunen und ein weiterer Ge­heimdienst-Mitarbeiter seien mal vom Autor und dessen Mitstreiter Andreas von Rétyi nach Deutschland eingeladen worden. Da stellte sich dann heraus, dass er inzwischen sein Geschlecht geändert hatte. Hier speku­liert der Autor, dass man van Greunen viel­leicht zu der Geschlechtsumwandlung ge­zwungen habe, um seine Behauptungen zu diesem Fall ins Lächerliche zu ziehen.

Wie auch immer… Oliver Gerschitz berich­tet über seine weiteren Recherchen, die zum Teil aus den 90er Jahren stammen.

Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Gerschitz‘ Schreibstil dem Buch zwar eine gewisse Überzeugungskraft verleiht, aber auch die Tendenz hat, bloße Spekulationen als Tatsachen darzustellen. Eine kritische und objektive Auseinandersetzung mit dem zu den vermeintlichen Abstürzen vorhandenen Material findet leider nicht statt. Die präsentierten „Fakten“ sind oft schwer zu verifizieren und basieren häufig auf fragwürdigen Quellen oder Interpretationen. Trotzdem enthält das 2019 erschienene Buch nicht nur einige interessante Detailinformationen, sondern erklärt am Ende auch, wie es zum Buchtitel „DRACHENSTURZ“ gekommen ist. Letzteres ist dann jedoch leider ein totaler Absturz in die UFO-Mythologie und Verschwörungsideologie.

[1] Uli Thieme, Das UFO von Roswell. Ein Mythos stürzt ab. GEP e.V., Lüdenscheid, 2022

 Hans-Werner Peiniger ∗ ∗ ∗ ∗ ∗

236 S., geb., ill., ISBN-13: 978-3947397167, Preis: 19,95 € (16,95 € als E-Book)

OSIRIS Verlag
www.osirisbuch.de
Schönberg, 2019

Hier erhältlich*

Quelle: JUFOF Nr. 276, 6/2024: 158 ff

* „Als Amazon-Partner erhält die GEP über diesen Link eine Vergütung/Prämie“. Damit unterstützen Sie unsere Arbeit.