Luis Elizondo: IMMINENT

Wie das Pentagon Jagd auf UFOs macht

Luis Elizondo ist der „Retter“ des öffentlichen Diskurses über UFOs, das kann man sicherlich mit Fug und Recht behaupten. Seine Interviews mit Leslie Kean und Ralph Blumenthal und die anschließende Veröffentlichung in der New York Times sorgten Ende 2017 für die Bekanntmachung eines bis dahin geheimen UFO-Projekts des Pentagon und ließen das öffentliche Interesse mit einem Schlag wieder erwachen. Die Folge waren politische Maßnahmen in den USA, die sogar eine Behörde entstehen ließen, nachdem aus der UAP-Taskforce dann das All-domain Anomaly Resolution Office (AARO) wurde, das regelmäßig Papers zum Stand seiner Arbeit veröffentlicht.
2024 publizierte Elizondo in den USA dann sein Buch „Imminent“, das 2025 auch in deutscher Übersetzung erschienen ist.
Dieses Buch ist teilweise auch als seine Autobiographie zu verstehen. Wir erfahren etwas über seinen familiären Hintergrund, seine berufliche Laufbahn beim Militärgeheimdienst und seine Auslandseinsätze in Afghanistan und in Ländern des Nahen Ostens. Überdies war er auch in Guantanamo Bay auf Kuba tätig, wo die USA ein wegen Menschenrechtsverletzungen umstrittenes Militärgefängnis betreiben. Auch an einem Projekt für Fernwahrnehmung (das umstrittene Remote-Viewing) will er teilgenommen haben.

Luis Elizondo (2021)
Foto: Max Moszkowicz, Quelle:[1]

2009 dann, so schildert uns Elizondo, wurde er von Jay Stratton und Rosemary Caine für ein Geheimprojekt mit dem sperrigen Namen Advanced Aerospace Weapons System Application Program (AAWSAP) rekrutiert. Finanziert wurde es durch Budgets des UFO-Enthusiasten Harry Reid und weiterer Gouverneure. Dieses Projekt, das der DIA unterstand, sollte sich mit potenziellen neuen Technologien befassen, die uns durch unidentifizierte Flugobjekte offenbart werden könnten. Der Hauptvertragspartner für das Projekt war die Firma Aerospace Advanced Space Studies (BAASS) des Milliardärs Robert Bigelow, ebenfalls ein UFO-Enthusiast und seit Jahrzehnten Förderer einzelner Akteure der Szene.
Man befasste sich bei AAWSAP mit UFO-Sichtungen durch das Militär, den angeblich rätselhaften Vorkommnissen rund um die, sich zu dieser Zeit im Besitz von Bigelow befindlichen, Skinwalker-Ranch und weiteren Themen rund um UFOs, die hier unter dem Akronym UAP (ursprünglich Unidentified Aerial Phenomena, jetzt Unidentified Anomalous Phenomena) firmieren.
2012 endete das Projekt offiziell, doch laut Elizondo sei dieses aus geringen eigenen Budgetmitteln finanzierte Projekt unter der neuen Bezeichnung Advanced Aerospace Threat Identification Program (AATIP) weitergeführt worden, bevor Elizondo 2017, frustriert durch Widerstände im Pentagon, seinen Dienst quittierte und sich an die Presse wandte.
Soweit, so spannend und tatsächlich erhellend. In den letzten Monaten hat Elizondos Ruf jedoch mächtig gelitten, nachdem er mehrfach angeblich echte UFO-Fotos aus Regierungsquellen der Öffentlichkeit präsentierte, die sich immer als Fälschungen und Fehlinterpretationen entpuppten und deren Quellen zum Teil auf Facebook-Posts zurückzuführen sind.
Und auch sein Buch „Imminent“ weckt in mir immer wieder Zweifel an der Professionalität und auch Glaubwürdigkeit von Luis Elizondo. So wirken Herangehensweise und Theoriebildungsprozesse von AAWSAP/AATIP, so wie Elizondo sie schildert, oftmals geradezu stümperhaft und von einem klaren Bias geprägt.

So habe man etwa auch die Bibel und die apokryphen Texte (solche, die nicht in den Kanon der Bibel aufgenommen wurden) auf mögliche Kontakte zu Aliens analysiert…die präsentierten Resultate unterscheiden sich keinen Deut von dem, was uns die Prä-Astronautik seit Jahrzehnten präsentiert, und basiert auf einfachster Assoziation. Weiter erwähnt er ein seltsames Relief aus Peru, das von den Mayas stamme und den Maya-König zeige, der in einer Art Raumschiff sitze (Natürlich lebten die Maya nicht in Peru, sondern in Mexiko, Guatemala und Belize). Gemeint ist hier offensichtlich die Grabplatte von Palenque in Mexiko, die bereits 1968 das Cover von Erich von Dänikens Erstlingswerk Erinnerungen an die Zukunft zierte. Derartige Oberflächlichkeiten und Fehler tauchen immer wieder auf und wecken den Verdacht, dass Elizondo und der Rest des Teams lediglich gemeinsam ein paar Folgen von Ancient Aliens geschaut haben, auch wenn dies jetzt sehr polemisch klingt.
Als besonders schlimm habe ich das 6. Kapitel empfunden. Hier berichtet Elizondo davon, das Phänomen würde sich offenbar an Menschen „heften“, die diesem zu nahe kommen. Seine Kollegen und er wurden der Erzählung nach zuhause von grünen und blauen (gesundheitsschädlichen) Orbs in Basketballgröße belästigt. Und dies so oft und auffällig, dass diese Sphären sogar im Beisein der Nachbarn erschienen. Dieses Kapitel ist in jeder Hinsicht unglaubwürdig. Wie lapidar alle mit diesen Erscheinungen umgegangen sind, erscheint vollkommen unrealistisch, und dass nicht eine einzige Aufnahme dieser Sphären existiert, umso mehr. Man muss sich das mal vorstellen: Man arbeitet für ein UAP-Projekt des Pentagon mit einem Gesamtbudget von 22 Millionen Dollar (!). Da erscheinen bei den Mitarbeitern genau solche Erscheinungen regelmäßig zuhause, und anstatt Kameras und andere Messgeräte zu postieren, um Beweise zu haben, analysiert man lieber die Bibel auf der Suche nach Außerirdischen… Ich lasse das mal so stehen.
Harold Putthoff, ein Elektroingenieur und Kollege von Elizondo bei AAWSAP/AATIP präsentierte Elizondo sodann auch die Theorie, die das Flugverhalten der UFOs erklären würde, so erzählt uns das 16. Kapitel. Diese „Theorie“ besagt dann, dass diese Objekte einen Gravitationsantrieb haben, der die Raumzeit krümmt und sie in eine Raumzeitblase hüllt, sodass das Flugverhalten und dessen physikalischen Auswirkungen sich innerhalb der Blase unabhängig von der Umwelt verhalten würden. Auch hier konnte ich nur den Kopf schütteln. Was zu Beginn des Kapitels sehr spektakulär angekündigt wird, nämlich mit Putthoffs Worten, er habe vielleicht herausgefunden, wie die UFO-Technologie funktioniert, entpuppt sich als Idee, wie sie gefühlt schon in dutzenden Sci-Fi-Büchern und -Filmen in verschiedenen Variationen vorgetragen wurde.
Viele Informationen in dem Buch basieren auf Hörensagen, etwa über eine geheime Gruppe, die abgestürzte UFOs bergen würde, oder die Collins-Elite, eine Gruppe religiöser Fanatiker innerhalb des Pentagon, die UFOs im christlich-dämonologischen Sinne deuten würde (Dass UFOs in Wahrheit Dämonen seien, geistert bereits seit Jahrzehnten als Idee in christlich-fundamentalistischen Kreisen durch die US-Szene).
In Anbetracht vieler unglaubwürdiger Aussagen, die Elizondo tätigt, stellt sich natürlich (zumindest für mich) die Frage, wie ernst derartige Aussagen zu nehmen sind. Am Ende kann man sagen, dass das Buch tatsächlich unterhaltsam geschrieben ist und dass es durchaus hilft, in etwa zu verstehen, was AAWSAP/AATIP tatsächlich getan haben. Offenbar nichts anderes als die zivile UFO-Forschung in sehr wechselhafter Qualität.
Insgesamt kann ich dem Buch aber nicht mehr als zwei von fünf Sternen geben, da es inhaltlich an so vielen Stellen nachlässig, unglaubhaft und oberflächlich ist. Ich befürchte, der Hauch des Seriösen, den das Thema auch unter der Mithilfe von Elizondo in der Öffentlichkeit erlangt hat, wird gewollt oder ungewollt von ihm selbst inzwischen eher torpediert.
André Kramer, 2/5 Sternen

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Luis_Elizondo

379 Seiten, geb., ISBN-13 : 978-3742328571, Preis: 22,00 EUR

riva Verlag
(Münchener Verlags-gruppe GmbH)
www.m-vg.de/riva/ shop/home
München, 2025

Hier erhältlich*

Quelle: JUFOF Nr. 279, 3/2025: 85 ff

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