Zwei Schüler hatten am 25.10.1994 im Thüringischen Fehrenbach mehrfach ein UFO fotografiert. Aufgrund der Medienberichterstattung und der Qualität der Aufnahmen, entwickelte sich dieses Ereignis zu einem der spektakulärsten Foto-Fälle in Deutschland. Die GEP e.V. nahm die Ermittlungen auf und konnte den Fall anhand der in einem umfangreichen Bericht vorgestellten Details auf einen Jugendstreich zurückführen. Der ausführliche Bericht erschien im JUFOF Nr. 100, 4/1995: S.98-122 und kann gegen eine Schutzgebühr als Kopie angefordert werden.
Hans-Werner Peiniger. In einem Bericht an die GEP e.V. schrieb der Hauptzeuge Sascha W.: „Mein Freund Karsten, er wohnt ca. 100 m weiter talabwärts, weckte mich gegen 7:00 Uhr und rief: ‘Suche schnell Deinen Fotoapparat, ich habe ein UFO gesehen’. Ich zog mich sofort an und lief nach draußen. Karsten hatte schon die Fotos 1-3 gemacht. Danach schoss ich die Fotos 4-7. Wir hatten dann keine Möglichkeit mehr, Fotos zu machen, weil der Flugkörper in Richtung Nordosten abdrehte. Wir beide waren sehr überrascht von dem seltsamen Flugkörper und erzählten es am gleichen Tag meinem Opa und Großeltern. Er, mein Opa, ging einen Tag später zur Presse, ‘Freies Wort’, die sehr überrascht waren und im Kollektiv darüber stritten, ob es so etwas gibt.“
Einem ausgefüllten Fragebogen konnten wir noch folgende ergänzende Angaben entnehmen (Auszüge): Dauer der Beobachtung: 10-15 Minuten / Zeuge befand sich „zu Hause im Garten“ / Geschätzter Durchmesser: ca. 8 m, 2,5 m hoch / Geschätzte Entfernung: ca. 100 Meter / Farbe des Objekts: „Braun unten, Kuppel blau mit schwarzen Verstrebungen“ / Vom Objekt ausgehende Geräusche: Brummen (gut hörbar) / Flugverhalten: „Ruckartige Richtungsveränderung“ / Bewegung des Objekts: Über mich hinweg / Verschwinden des Objekts: „Hinter den Bäumen in Richtung Nordosten“ / Geschwindigkeitsvergleich: „Schneller als ein Flugzeug, von Punkt zu Punkt springend“ / Tatsächliche Geschwindigkeit: „Etwa Schallgeschwindigkeit“ / Eigene Erklärung: Ein Flugobjekt unbekannter Herkunft, „So etwas sah ich noch nicht“ / Eidesstattliche Erklärung ist unterschrieben.
Die Untersuchung durch die GEP e.V.
Aufgrund der Kooperationsbereitschaft des Großvaters des Zeugen Sascha W., erhielten wir nicht nur das wesentliche Material zu dem Fall, sondern auch die Originalfotos.
In Anbetracht der Tatsache, dass ausgerechnet einen Tag vor dem Ereignis im Fernsehen die Dokumentation ‚UFOs – Und es gibt sie doch‘ gelaufen ist, „klingelte es in unseren Ohren“ und so gingen wir bei der ersten Inaugenscheinnahme der Fotos zunächst einmal von der Arbeitshypothese aus, dass hier ein Modell verwendet worden sein könnte. Die Modell-Hypothese galt es nun zu begründen. Anfangs verzichteten wir auf eine zeitaufwendige Computeranalyse, da es sich bei den Aufnahmen um Polaroidfotos handelte, die von nicht besonders guter Qualität waren (allein das fotografierte Objekt selbst hob sich aufgrund seiner strukturellen Details von anderen unscharf fotografierten „UFOs“ ab). Die Auflösung von Polaroidfotos ist einfach zu gering. Hier nach einem Faden zu suchen (es sei denn man hätte eine Kordel verwendet) erschien uns zwecklos.
Statt einer Computeranalyse versuchten wir zunächst, die Ermittlungen in eine andere Richtung zu lenken. Wir überlegten uns, um was für ein Modell es sich hätte handeln können, wenn eines verwendet worden wäre. Welche geeigneten Produkte oder Möglichkeiten stehen 14/15-jährigen Jungen zur Verfügung, um solche Fotos herzustellen? Auf jeden Fall musste es eine relativ einfache Möglichkeit gewesen sein, denn besondere technische Hardware stand den Jungen offensichtlich nicht zur Verfügung. Eine einfache Möglichkeit wäre es gewesen, ein Modell in die Luft zu werfen oder an einem Faden aufzuhängen. Es galt nun zu klären, um was für ein Modell es sich hätte handeln können. Für einen Topfdeckel, Frisbee-Scheibe o.ä. war das fotografierte Objekt untypisch und im Kuppelbereich zu strukturreich. Es musste sich, wenn überhaupt, schon um einen ‚raumschiffähnlichen‘ Körper gehandelt haben; ein Modellraumschiff oder ein entsprechendes Spielzeug. Es gibt auf dem Modellbaumarkt einige Raumschiffe, von der ‚Enterprise‘ bis zum ‚Lazar-UFO‘. Auch auf diesem Sektor versuchen wir einen Überblick zu behalten. Ein passendes Modell war uns jedenfalls nicht bekannt. Demzufolge vielleicht ein selbst gebautes Modell oder ein Spielzeug? Da der Selbstbau solcher Modelle zeitaufwendig sein kann und nicht immer unbemerkt von Eltern u.a. bleibt, wollten wir zunächst die Spielzeug-Hypothese überprüfen und fragten uns, mit welchem Spielzeug 14/15-jährige Jungen so spielen. Weltraum-Aktion-Figuren, ‚Power-Rangers‘, ‚Trans Formers‘, ‚Troopers‘, ‚Attack Pack‘, u.ä. Was lag also näher, als beim allmonatlichen Durchforsten der Spielzeugläden nach geeigneten Exponaten für meine Sammlung „UFOs im Alltag“ (siehe entsprechende JUFOF-Beiträge) besonders nach dem möglichen Fehrenbach-Modell Ausschau zu halten. Und tatsächlich, ich wurde fündig.
Das Modell
In einer Ramschkiste mit ‚Spielzeug mit defekter Verpackung‘ oder Dinge, die nicht mehr ganz vollständig waren, fand ich das Fehrenbach-UFO und konnte es zu einem ‚Sonderpreis‘ erstehen. Es handelt sich um den sog. ‚Robo-Saucer‘ aus der Serie ‚Galaxy Space Pocket‘, hergestellt in China von der Firma ‚Hinstar‘, vertrieben in der BRD u.a. von der Firma Simba Toys in Fürth.
Das Modell hat einen Durchmesser von ca. 12 cm und eine Höhe von ca. 6 cm. Es wiegt ca. 125 Gramm und ist aufklappbar. Als Zubehör erhält man kleine Roboter. Das Modell ist bis auf die Kuppel braun. Die Kuppel ist violett und hat schwarze Verstrebungen. Schon ein erster Vergleich mit dem Fehrenbach-UFO zeigte, dass es sich um den gleichen Körper handeln musste. Die Form und die Abmessungen des Fehrenbach-UFOs entsprachen maßstabsgerecht genau denen, des mir vorliegenden Modells. Normalerweise ist das Modell mit zwei ‚Bordkanonen‘ bestückt, die als Stifte aus der Wulst des Modells herausragen. Diese waren jedoch bei dem von mir erstandenen Modell abgebrochen. Die Bruchstellen zeigen weiße, reflektierende Flächen, die sich deutlich von dem ansonsten braunen Körper abheben.
Mit unserem Modell erstellte Gerald Mosbleck, der sich speziell mit den fototechnischen Aspekten der Fehrenbach-Aufnahmen beschäftigte, einige Vergleichsaufnahmen, die eindeutige Übereinstimmungen aufwiesen. Was uns nun letztendlich fehlte, war ein Geständnis der Jungen. Der Zeuge Karsten T. konnte nicht mehr befragt werden, weil die Eltern es nicht mehr erlaubten, sie hatten den Medienrummel satt (oder ihr Sohn hatte seinen Eltern gegenüber ein Geständnis abgelegt?).
So rief ich am 1.06.1995 den Zeugen Sascha W. an. Hier Auszüge aus dem Telefongespräch:
Zu Beginn meines Telefongespräches war Sascha W. recht gesprächsfreudig. Er erzählte sein Erlebnis, wie er es wohl schon Dutzende Mal vorher den Zeitungen und Rundfunksendern erzählt hatte: „Früh, um 7 Uhr, kam mein Freund Karsten und hat gesagt, dass er ein UFO gesehen hätte. Der hat mich aus dem Bett geklingelt, ich hab noch geschlafen. Da habe ich das zuerst nicht richtig geglaubt und da hat er gesagt, ich solle eine Fotokamera mit rausbringen. Wir wollten das dann fotografieren, wenn es wiederkommt. Da bin ich halt raus, habe ein bisschen geguckt und nichts gesehen.
Plötzlich hat er gerufen ‚da kommt’s wieder‘. Und da habe ich es halt auch gesehen. Erst habe ich gedacht, es sei irgendetwas anderes und wo es dann näher dran war, da habe ich es richtig erkannt. Dann haben wir es halt sieben mal fotografiert.“
Als ich ihn jedoch damit konfrontierte, dass wir wüssten, dass es sich um ein Modell handeln würde, hörte die Gesprächsbereitschaft schlagartig auf. Vermutlich fühlte er sich ertappt und wusste nun nicht, wie er sich aus dieser Zwangslage befreien sollte. Das weitere Gespräch verlief jedenfalls äußerst schleppend. Er antwortete vielfach nur mit einem verneinenden „ää-ää“ oder bestätigenden „mmhh“. Trotzdem teilte er mir, nachdem er den ‚Schwindel‘ gestanden hatte, wichtige Details mit.
Nach seinen Aussagen hat es sich tatsächlich um das von mir gefundene Spielzeug-Raumschiff gehandelt. Auch bei dem Fehrenbach-Modell waren die Stifte, die als ‚Bordkanonen‘ aus der Wulst des Modells herausragten, abgebrochen, so dass die reflektierenden Flächen sichtbar waren. Das Modell hatten die beiden Jungen einfach nur in die Luft geworfen und fotografiert. Auf die Idee kamen sie, als einen Tag vorher die Dokumentation ‚UFOs – Und es gibt sie doch‘ im Fernsehen lief. Nach dem Motto: ‚So etwas können wir auch‘, verwendeten sie das Spielzeugraumschiff von Karsten T.
Unmittelbar nach dem Ereignis übernahm der Großvater von Sascha W., im guten Glauben, dass die Fotos echt sind und dieser Vorfall wissenschaftlich dokumentiert und untersucht werden muss, das weitere Vorgehen. Er ging mit den Fotos zur örtlichen Presse, die einen größeren Bericht über den Vorfall veröffentlichten. Damit war der Stein ins Rollen geraten. Es meldeten sich weitere Zeitungen, Rundfunkstationen, andere UFO-Forschungsorganisationen u.a. Die ganze Sache hatte sich inzwischen, für die beiden Jungen nicht voraussehbar, verselbstständigt. Sie trauten sich nicht mehr, ihren Jungenstreich zuzugeben.
Für die Aufnahmen warfen die Jungen das Spielzeugraumschiff wie eine Frisbee-Scheibe in die Luft oder hängten es an einer Latte auf. Die ersten Male warfen sie es etwas weiter, bei den anderen Aufnahmen war das Modell nach W.’s Schätzung etwa fünf Meter entfernt. Die Aufnahmen wurden mit der immer betriebsbereit stehenden Polaroid-Kamera mit eingeschaltetem Blitz gemacht.
Auch wenn dieser Fall allein durch den glücklichen Fund des Raumschiff-Modells aufgeklärt werden konnte, gibt es auch in den Aufnahmen selbst und in den Zeugenaussagen ausreichende Hinweise dafür, dass es sich um einen Schwindel gehandelt haben muss. Insbesondere die von einer anderen UFO-Forschungsgruppe protokollierten Aussagen ließen die Plausibilität im Ablauf des Ereignisses vermissen und wiesen Widersprüche zu den von uns erfassten Aussagen auf.
Von den Fehrenbach-Aufnahmen war das Foto 6 besonders auffällig, da es eine frontale Aufhellung der Vordergrundblätter zeigte. An einer Stelle, die klar und deutlich schon bei oberflächlicher Betrachtung zu sehen ist, erkennt man, dass ein Ast seinen Schatten auf ein Blatt wirft. Auch andere Blätter zeigen Schatten von Zweigen. Wir haben also zum einen eine starke Aufhellung der Vordergrundblätter und zum anderen Schatten. Daraus konnte man folgern, dass u.a. die Aufnahme entweder mit Blitz geschossen wurden oder die Sonne hoch am Himmel stand.
Während meiner Ermittlungen teilte mir der Großvater des Zeugen W. mit, dass die Aufnahmen nicht mit eingeschaltetem Blitz gemacht wurden. Diese Information führte zwangsläufig zu der Frage, wie denn nun die Aufhellung und die Schatten zustande gekommen sind. Entweder ist die Angabe ‚ohne Blitz‘ falsch, oder eine andere Lichtquelle verursachte die Schatten.
Wäre man davon ausgegangen, dass die Sonne für die Aufhellung und die Schatten verantwortlich gewesen sei (eigentlich nicht wahrscheinlich, da die im Hintergrund befindlichen Blätter keine Aufhellung aufweisen), so hätte man auch einen groben Widerspruch in den Aussagen der Zeugen feststellen müssen. Die Aufnahmen sollen nämlich morgens, kurz nach 7:00 Uhr gemacht worden sein. Eine Computerrekonstruktion der astronomischen Situation ergab, dass zu diesem Zeitpunkt in Fehrenbach die Sonne gerade aufging. Sie war knapp über dem Horizont und hätte unmöglich einen derartigen Schatten erzeugen können. Zudem sagten die Zeugen aus, dass der Himmel vollständig bewölkt war. Hier stimmte also etwas nicht und wie sich zeigte, gab Sascha W. später zu, dass die Aufnahmen etwa gegen 10 Uhr gemacht wurden und der eingebaute Automatikblitz verwendet worden ist.
Fazit
Es hat sich gezeigt, dass wir allein mit den Methoden des investigativen Journalismus nachweisen konnten, dass es sich bei Deutschlands spektakulärster UFO-Fotoserie um einen Jungenstreich gehandelt hat. Gesunder Menschenverstand, Kritikbewusstsein und detektivisches Gespür sind für die Aufklärung eines Falles oft schon ausreichend. Gerade dieser Fall hat uns deutlich vor Augen geführt, dass wir UFO-Aufnahmen besonders kritisch betrachten und als Arbeitshypothese auch immer einen bewussten Schwindel in Erwägung ziehen müssen.