Susan A. Clancy:
Abducted
How People Come to Believe They Were Abducted by Aliens
Was sind die Ursachen für Berichte von augenscheinlich geistig gesunden Personen, die angeben, von fremden Wesen entführt worden zu sein? Dieser Fragestellung ist an der Fakultät für Psychologie der bekannten Harvard-Univer-sität (Cambridge, USA) nachgegangen worden. Von den Forschern Richard McNally und Susan A. Clancy wurde dazu neben wissenschaftlichen Papers auch das hier behandelte Buch vorgelegt.
Während die Betrachtung und Auswertung der Details und Erkenntnisse der Studien Gegenstand eines ausführlichen Artikels in diesem JUFOF (S. 168–175) sind, soll in dieser Rezension explizit auf das Buch, seine Struktur und seinen Beitrag zur Entführungsforschung eingegangen werden.
Obwohl viele der hier dargelegten Details, Theorien und Fakten über das Entführungsphänomen nicht neu sind, bildet das Buch dennoch eine solide und unentbehrliche Grundlage für die psychologische Beschäftigung mit der Thematik.
Die Vorbehalte des Rezensenten gegenüber einigen der von Susan Clancy geäußerten Hypothesen sind im genannten Artikel dargelegt. Unabhängig davon stellt »Abducted« in seiner methodischen, verständlichen und gut strukturierten Art eine hervorragende Arbeit dar. In sechs Kapiteln beschäftigt sich die Autorin mit den Kernfragen des Gebiets: Warum ein Studium der Entführungsberichte? Warum glauben die Betroffenen an die Realität dieser Entführungen? Woher stammen ihre Erinnerungen, wenn diese Geschehnisse nicht real sind? Weshalb sind die Berichte untereinander so konsistent? Wer sind die Entführten? Warum wollen sie an die Realität der Entführungen glauben?
Im Verlaufe der Betrachtungen dieser Fragen entwickelt Clancy ihre eigene Hypothese zum Ursprung der Erfahrungen, die eine Synthese aus verschiedenen bereits von anderen Forschern vorgeschlagenen psychologischen Ursachen darstellt. Sie versucht außerdem, eine Erklärung für die bereitwillige Annahme der Theorie »Ich wurde von Aliens entführt« herauszuarbeiten. Dabei bildet ihre sympathische Art zu schreiben, welche eine gute Nachvollziehbarkeit ihrer Gedanken und einen gewissen Humor nicht vermissen lässt, trotz der komplexen und manchmal bedrückenden Thematik eine Erleichterung für den Leser, der das Buch durcharbeitet.
Im Zuge der Erörterungen webt Clancy nahtlos die in ihren Studien ermittelten Ergebnisse in das Buch ein und man erfährt von der Neigung der Entführten, falsche Erinnerungen zu generieren und ihren physiologischen Reaktionen auf ihre Erfahrungen, die denen anderer Traumaopfer gleichen.
Zwei Schlussfolgerungen aus dem Fazit der Autorin bilden Kernaussagen des Buches: Entführte sind keine »Verrückten«; das Studium ihrer Erfahrungen lohnt sich und sollte in wissenschaftlichem Stil unbedingt fortgeführt werden, um die Fragen, die diese Erfahrungsberichte aufwerfen, klären zu können. Wenn diese Vorschläge von den auf dem Gebiet Tätigen erkannt und umgesetzt werden können, ermöglichen sie der Entführungsforschung und ihren Ergebnissen als Ganzes einen neuen Status als hochrelevanter Neuzugang in die menschlichen Erkenntnisse.
Danny Ammon
180 S., geb., ISBN 0-674-01879-6, $ 22.95, im Buchhandel erhältlich
Verlag Harvard University Press
www.hup.harvard.edu
Cambridge, Mass., USA, 2005
Quelle: JUFOF 162: 188 f