Ettl, Ralf & Höhler, Günter: Das deutsche UFO-Phänomen (2005)

Ralf Ettl & Günter Höhler:
Das deutsche UFO-Phänomen
Ein Grenzgang an das anscheinend Unbegreifliche

Um es gleich vorweg zu nehmen: Wenn die beiden Autoren gleich zu Beginn deutlich geschrieben hätten, dass man in diesem Buch nur die Gerüchte, Behauptungen und Märchen zum Flugscheiben-Mythos habe zusammenfassen wollen, dann wäre das ja einigermaßen akzeptabel gewesen. Aber so??!!??

In dem Buch geht es um geheime Flugscheibenentwicklungen des Dritten Reiches vom Typ Haunebu, Vril oder Do-Stra und um Geheimorganisationen wie die Templer, die Vril-Gesellschaft usw. Klar, dass man sich dann auch einer »geheimdienstlichen Denkweise bedienen« muss, um die Inhalte des Buches akzeptieren zu können. Für die Autoren heißt das: »Die Wahrheit steckt verborgen zwischen lauter Lügen, Finten und Ablenkungsmanövern. […] Die Fakten sind da – aber kaum etwas ist so, wie es zu sein scheint! So mancher Begriff, der eindeutig definiert ist, als bekannt und belegt gilt – bedeutet in Wahrheit womöglich ganz etwas anderes!« Aha… man kann sich also offensichtlich zusammenreimen, was man will.

Ausgehend von den tatsächlichen Plänen und Ideen, scheibenförmige Fluggeräte zu entwickeln – genannt seien hier die Entwickler Epp, Schriever, Miethe und Havermohl – bildete sich in den letzten Jahren ein Mythos um geheime Flugscheibenentwicklungen. Angeblich sollen mehrere flugfähige Flugscheiben gebaut worden sein, mit deren Hilfe man selbst den benachbarten Stern Aldebaran angeflogen haben will. Dann muss man sich natürlich fragen, welche sicheren Hinweise oder Indizien es dafür gibt. Die Antwort: Keine… zumindest keine, die unabhängige Experten zulassen würden. Stattdessen gibt es ein konfuses Konglomerat aus wenigen geschichtlichen Fakten der NS-Zeit, dafür aber vielen unbewiesenen Behauptungen und beziehungslosen Spekulationen.

Die meisten Quellen sind unbekannt oder möchten nicht genannt werden, die Flugscheiben-Konstruktionszeichnungen scheinen statt aus Entwicklungslabors aus Kinderhänden zu stammen – ich kann mich auch hinsetzen und von der Adamski-Untertasse inspiriert ein paar schicke Zeichnungen anfertigen –, die vielen Flugscheiben-Fotos (wo kommen die denn alle plötzlich her?) sind unscharf und heben sich nicht von einfachen Fälschungen ab usw.

In den Flugscheiben-Mythos eingebunden sind die Gerüchte um Geheimgesellschaften, die maßgeblich an der Entwicklung unkonventioneller Fluggeräte und einer Jenseitsflugmaschine (ein stationäres Gerät, mit dem man in andere Schwingungsebenen übertreten wollte) beteiligt gewesen sein sollen. So wurde die Vril-Gesellschaft stets von jungen hübschen langhaarigen Damen geleitet. Langhaarig deshalb, weil »die über den Äther in das Diesseits dringenden Schwingungen der Maka’ara-Kraft durch Schwingungsaffinität mittels des Frauenhaars von diesem angezogen und gebunden werden. Der Astralkörper der Frau reicht auf großer Länge bis in die Haare, was beim Manne nicht der Fall ist (aus diesem Grunde fallen Frauen auch die Haare nicht dergestalt aus wie bei vielen Männern). Es ist aber das im grobstofflichen Frauenhaar verlaufende Astralhaar, das die Anziehung der Schwingungen bewirkt.« Die Maka’ara-Kräfte, die in den langen Haaren einer Frau aufgeladen worden waren, konnten auf einen Amethystkristall übertragen werden, der wiederum für die Funktion der Jenseitsflugmaschine erforderlich war.

Es ist ja ganz interessant zu lesen, wie man die Idee der Nazi-Flugscheiben mittels der Gerüchteküche und aus den Ärmeln geschüttelten Scheinfakten zu einer zusammenhängenden und chronologischen Geschichte aufzubauen versucht. Aber das Buch enthält so viele nebelhafte Wischi-Waschi-Angaben und Falschinformationen (z.B. behaupten die Autoren, Area 51 bestehe heutzutage nur aus »ein paar dem fortschreitenden Verfall preisgegebenen Ruinen«), dass einem beim Lesen die Stirn ganz runzelig wird.

Da hilft es auch nicht, sich ein Hintertürchen zu öffnen und zu schreiben, dass die Autoren wissen, wovon sie reden, »soweit von wissen auf diesem Feld überhaupt gesprochen werden darf. Hieb- und stichfest beweisen, mit unstrittigen Dokumenten belegen, können wir von alledem relativ wenig«. Ja, warum dann dieses Buch? Märchenbücher gibt es doch schon zuhauf. Weiter heißt es, man wolle auf angeblich historische Quellen verzichten und stattdessen »auf die richtigen Büsche klopfen und schauen, welche Sorte Mäuse herausspringt!« Hm… wenn das die adäquate Herangehensweise sein soll? Wie die Autoren selbst zugeben (S. 190), basiert ihr Buch »oftmals« auf Wahrscheinlichkeiten, Vermutungen und Annahmen. Ich frage mich wirklich, was das alles soll und man könnte sich auch fragen, ob nicht die Autoren und/oder die Informanten den Leser bewusst verulken? Anders kann ich mir die Inhalte schon gar nicht mehr erklären. Oder sollten die Autoren zu naiv und kritiklos sein, um das vorhandene Material sachgerecht zu würdigen? Es gäbe noch vieles zu den Inhalten zu sagen, aber ich will dem Buch nicht mehr Bedeutung einräumen, als es verdient.
Hans-Werner Peiniger

Causa Nostra
Küps 2005

Quelle: JUFOF 163: 25 f