Däniken, Erich von: Götterdämmerung (2009)

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Passend zum nahenden Ende eines Zyklus im Mayakalender 2012 und der sich immer weiter zuspitzenden Debatte um angebliche Prophezeiungen zu diesem Datum, die ja sogar in einem großen oberflächlichen Hollywoodfilm von Roland Emmerich gipfelt, hat auch Erich von Däniken in diesem Jahr ein neues Buch herausgebracht und sich das Jahr 2012 als eines der Hauptthemen ersonnen.

Schon in seinen letzten Büchern ließ sich meiner Meinung nach eine Tendenz zu einem etwas aggressiveren Stil erkennen, der sich in »Götterdämmerung« fortsetzt. Der früher für Däniken typische Humor ist fast vollständig verschwunden und es geht ihm auch nicht mehr darum, Fragen zu stellen, nein, es geht um Beweise, wie er hier immer wieder betont.

Leider stellen sich viele der angeblichen Beweise bei näherem Hinsehen als nichtig heraus, so, dass ich einfach immer mal wieder einzelne Aussagen herausgreife und am Ende einer Kapitelbeschreibung näher darauf eingehen werde, auch wenn eine Komplettaufarbeitung aller vorgetragenen Argumente wohl den Rahmen dieser Rezension sprengen würde.

Das erste Kapitel »Ein Basislager der Götter« befasst sich mit Tiahuanaco und als Aufhänger für die Einleitung verwendet Däniken die »Welteistheorie« von Hanns Hörbiger (bei Däniken fälschlicherweise nur mit einem n geschrieben).

In der Welteislehre ist der Mond ein eingefangener Planet, der mit einer Eisschicht bedeckt ist, bei der Auflösung des früheren Mondes aber wurde eine alte Hochkultur ausgelöscht – Die gewaltigen Wassermassen die die Erde seinerzeit überschwemmten gingen als Sintflut in unsere religiösen Schriften ein.

Glücklicherweise verwirft Däniken zwar die fast 100 Jahre alten Thesen von Hörbiger, weist aber darauf hin, dass auch dieser davon ausging, dass dereinst Riesen auf der Erde lebten.

Däniken sieht das ähnlich und versucht dies durch altbekannte alte Texte (David und Goliath und andere) und durch einige Funde zu untermauern.

Der eigentliche Grund, die Welteislehre ins Spiel zu bringen ist aber, dass einer der Anhänger Hörbigers, Edmund Kiss, in Tiahuanaco Hinweise auf die Richtigkeit dieser These gefunden zu haben glaubte und in dem berühmten Sonnentor einen Kalender zu sehen glaubte, der bis in die Zeit um 27.000 v. Chr. zurück gehe. Außerdem sollen Beweise für gewaltige Überschwemmungen (Sintflut) und die Knochen von Riesen hier gefunden worden sein.

Däniken distanziert sich von dem nationalsozialistischen Hintergrund der Thesen von Hörbiger und Kiss, sieht hier aber trotzdem Hinweise für seine Annahme, dass in Tiahuanaco etwas nicht stimmen würde und skizziert im folgenden die ersten Forschungen im ausgehenden 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, darunter auch den Thesen von Arthur Posnasky, der behauptete, das Alter von Tiahuanaco auf mehr als 15.000 v. Chr. datieren zu können.

Darüber hinaus bringt Däniken ähnliche Argumente wie schon in seinen vergangenen Büchern, besonders bezüglich des Tempels Puma Punku. Das Hartgestein hätte nicht mit Steinfäustlingen so filigran bearbeitet worden sein können, die ausgeklügelte Bauart könne von keinem Steinzeitvolk stammen, es käme an den einzelnen Monolithen zu magnetischen Abweichungen und überhaupt hätten moderne Wissenschaftler die Aussagen der frühen Forscher nie widerlegen können (ohne das allerdings durch Quellen zu belegen).

Die These, auf die es hinaus läuft, ist, dass es sich bei dem Komplex Tiahuanaco um ein ehemals von den außerirdischen Göttern angelegtes Basislager handelt, das später zu einem Wallfahrtsort der Menschen Südamerikas wurde.

Bei dem Thema Riesen beginnt schon – und zieht sich durch das ganze Buch – die äußerst willkürliche Kennzeichnung von Quellen. Manch eine Aussage wird mit einer Quelle belegt, andere wieder nicht, ohne dass hier ein System zu erkennen wäre. Zu den vorgetragenen Indizien für einstige Riesen zählt Däniken zum Beispiel auch die ab 1935 in chinesischen Apotheken gefundenen riesigen Knochen (S. 19).

Ohne weitere Angaben bleibt der Leser in dem Glauben, hier wären scheinbar Funde gemacht worden, die für die Existenz mythischer Riesen sprächen. In Wahrheit aber handelt es sich hierbei um die Überreste des Gigantophitecus blacki (die Funde waren riesige Zähne), einem bis zu 500 kg schweren Primaten (ähnlich einem übergroßen Gorilla), der bis vor 100.000 Jahren lebte.[1] Auch erwähnt Däniken die angeblichen riesigen menschenähnlichen Fußspuren aus Glen Rose, die in den gleichen Schichten wie Dinosaurierspuren entdeckt wurden. Er schildert ebenso den Streit zwischen Wissenschaft und Kreationisten um diese Funde und dass die Wissenschaftler, die sich die Funde selbst ansahen, angeblich die Seiten wechselten (S. 21).

Zu letzterer Aussage fehlen einmal mehr die Quelle, dafür vergisst Däniken es zudem, darauf hinzuweisen, dass inzwischen selbst die Kreationisten nicht mehr von menschlichen Fußspuren ausgehen.[2] Die Spuren stammen in Wahrheit von Dinosauriern, die statt auf ihren Zehen auf dem Mittelfuß durch den Schlamm liefen. Hierdurch werden die Zehen weniger deutlich abgebildet und durch zusätzliche Erosion kam es zu der länglichen Form. Wie Scherer und Wiskin (beide Vertreter der biblischen Schöpfungslehre) schreiben, werden die tiefer eingesunkenen Zehenspuren durch Erosion der oberen Sedimente sogar langsam wieder sichtbar.

Bezüglich der Kalenderdeutung des Sonnentores fällt auf, dass Däniken weder Kiss noch Posnasky widerspricht, obwohl doch beide zu einem völlig unterschiedlichen Alter anhand des jeweils zu erkennen geglaubten Kalenders kamen. Stefan Böckler hat sich ausführlich mit Posnaskys Datierung beschäftigt und stellt fest, dass eine astronomische Datierung der Anlage gar nicht möglich ist, weil die Gebäude etc. hierzu intakt sein und an ihrem ursprünglichen Platz stehen müssten, was aber aufgrund der Zerstörungen der letzten Jahrhunderte (man ging sogar mit Dynamit zu Werk) nicht der Fall ist.[3] Die einzige Möglichkeit der Datierung beruht auf organischen Funden, die sich mittels der C14-Methode untersuchen lassen. Natürlich wurden solche Untersuchungen vorgenommen und weisen auf eine Besiedlung von 1500 v. Chr. bis 1200 n. Chr. hin.

Däniken hält wenig von dieser Datierung und argumentiert so, wie auch schon bei anderen Anlagen in früheren Büchern: »Die Ruinen mögen längst in der Gegend gelegen haben, als spätere Menschen darin kampierten oder werkelten. Heute werden deren organische Reste datiert.« (S. 76)

Eine solche Zirkelschlussargumentation hat natürlich wenig wert, denn es stellt sich zum einen die Frage, weshalb es denn keine älteren organischen Überreste der ursprünglichen Erbauer gibt, zum anderen steht natürlich er als Zweifler in der Beweispflicht, der er allerdings nicht überzeugend nachkommt.

Auch ist die Rede von Sedimenten, die darauf hindeuten, der Komplex hätte einst unter Wasser gestanden (was als Hinweis auf die Sintflut gewertet wird). Wenngleich ich hierzu jetzt wenige Informationen habe, sei darauf hingewiesen, dass sowohl heftige Regengüsse und Erdrutsche in dieser Region für Katastrophen sorgen, wie auch das Übers-Ufer-Treten des Titicacasees. So sorgten Regengüsse und damit einhergehende Überschwemmungen in den Provinzen La Paz und Cochabamba 1985 dafür, dass etwa 15.000 Menschen ihre Wohnhäuser plus ihr Hab und Gut verloren. 1986 trat der Titicacasee über seine Ufer, was die Evakuierung von 240.000 Menschen zur Folge hatte.[4]

Was also sollte dagegen sprechen, etwaig entdeckte Sedimente auf solcherlei Katastrophen zurückzuführen?

Äußerst befremdlich wirkt die umfangreiche Beschreibung der Entdeckung einer frühen Primatenart noch zu Zeiten der Dinosaurier im Kontext der angeblichen Koexistenz von Mensch und Dinosaurier, die er einleitet mit den Worten: »Menschen und Saurier zur selben Zeit? Unmöglich? In neuester Zeit scheint das Unmögliche möglich zu werden.« (S. 21) Dem Leser wird in dem Abschnitt nicht wirklich deutlich gemacht, dass sich hier nicht um Menschen oder wenigstens Affen wie den Schimpansen oder Ähnliches handelt, von dem die dort erwähnten Wissenschaftler sprechen, sondern um kleine Säuger, die an Spitzmäuse erinnern und aus denen die Ordnung der Primaten hervorgegangen ist.

Besonderes Augenmerk legt Däniken auch in diesem Buch wieder auf Puma Punku, das durch eine besonders beeindruckende Bautechnik hervorsticht. Interessanterweise wird in der Prä-Astronautik-Literatur immer der Eindruck vermittelt, es würde sich bei Puma Punku um einen eigenständigen Komplex handelt. Dabei handelt es sich hier lediglich um einen etwas abseits gelegenen Tempel, der zum Tiahuanaco-Komplex dazu gehört.

Die Bautechnik ist deswegen so beeindruckend, weil die einzelnen Blöcke des Tempels mit ihren vielen Aussparungen ineinander gefügt werden können wie ein Baukastensystem. Dieser Umstand mutet in der Tat sehr ausgeklügelt an. Verbunden wurden die Blöcke mittels Metallklammern, wie sich aus einigen Aussparungen ergibt. Däniken behauptet nun, dass eine solche Verklammerung unter Einsatz von Blei oder Kupfer nichts gebracht hätte, da dies zu weiche Metalle seien.

Zum einen muss hier gesagt werden, dass man durchaus von Bronzeklammern ausgeht,[5] zum anderen ist diese Technik des Klammerns nun wahrlich nichts Besonderes und wurde zum Beispiel auch in Ägypten angewendet, wie entsprechende Aussparungen in Karnak und im Edfu-Tempel zeigen (übrigens ist weniger die Härte des Metalls relevant, als vielmehr seine Zugfestigkeit).

Auch das Rätsel um angebliche Magnetanomalien ist schnell gelöst. Auf seiner Homepage wies Frank Dörnenburg schon lange in seiner Kategorie »30-Sekunden-Rätsel« darauf hin, dass Diorit und Andesit, aus dem die Blöcke bestehen, für einen hohen Magnetitanteil bekannt – also auch magnetisch – sind.[6] Eine ausschlagende Kompassnadel an diesen Gesteinen ist also nichts Rätselhaftes.

Als ein großes technisches Problem betrachtet Däniken die filigrane Bearbeitung der aus den Tiefengesteinen Andesit und Diorit bestehenden Blöcke. Hierbei verkauft er den Lesern immer wieder das Bild von angeblich tölpelhaften Steinzeitmenschen, die nicht hierzu in der Lage gewesen wären. Dabei muss festgehalten werden, dass es sich bei der Kultur von Tiahuanaco um eine große Kultur handelte, die in ihrer Tempelstadt einstmals ca. 60.000 Menschen beherbergte. Es handelte sich also absolut nicht um irgendwelche einfältigen Fellträger oder was auch immer Däniken seinem Leser suggerieren möchte, wenn er zum Beispiel schreibt: »Welche Steinzeitgenies will man uns hier unterjubeln, um den Evolutionstopf am Kochen zu halten?« (S. 70)

Überdies gibt es zumindest aus Ägypten sehr gute Belege für die filigrane Bearbeitung von Graniten und anderen sehr harten Gesteinen. Rillen und Löcher wurden zum Beispiel mit Kupferbohrern und Sägen ins Gestein getrieben. Hierbei war natürlich nicht das weiche Kupfer das Schleifmaterial, sondern Quarzsand und Wasser wurden als Schleifmittel verwendet. Grobere Arbeiten wurden mit Dolerit geschlagen. Vor zwei Jahren hatte ich in Ägypten im Steinbruch von Assuan selbst die Gelegenheit, bei der Bearbeitung des Granits mit Doleritkugeln zuzusehen und durfte auch selbst ein wenig herum experimentieren.

Dolerit kommt auch in Südamerika vor. In meinen Augen spricht also nichts gegen die Anwendung dieser oder andere Techniken bei der Errichtung von Puma Punku. Viele der Argumente Dänikens in diesem Kapitel erweisen sich also als falsch oder müssen zumindest stark relativiert werden.

Das zweite Kapitel ist recht kurz und trägt den Titel »Nichts neues unter der Sonne«. Ein sehr passender Titel, wie ich finde, geht es hier doch lediglich um die von Däniken häufig gebrachte These, dass die vielen zoomorphen und anthropomorphen Darstellungen alter Kulturen in Wirklichkeit Gen-Experimente von Außerirdischen darstellen. Eingeleitet wird dies durch die Diskussion um Klonen und die Schaffung von Chimären durch unsere Wissenschaft, geht über verschiedene alte Darstellungen und endet beim Serapeum in Ägypten und den gewaltigen Sarkophagen für den Apisstier.

Er weist darauf hin, dass in einigen der Sarkophage in Naturasphalt eingebettet die zerhackten Knochen von verschiedenen Tieren gefunden wurden und kommt zu dem Schluss, dass die Menschen die Wiedergeburt dieser vermeintlichen Mischwesen unbedingt verhindern wollten und die Tiere deshalb zerstückelten und mit schweren Deckeln verschlossen.

Ich frage mich immer bei dieser Diskussion, weshalb überlegene Außerirdische weltweit über jede Ethik hinweg solche unsinnigen Mischwesen in Massen züchten sollten? Ich frage mich auch, was daran so unwahrscheinlich sein soll, dass die Menschen sich solche Kreaturen in ihrer Fantasie ausmalten? Zum Beispiel Menschen mit Flügelpaaren, wie wir sie aus mesopotamischen Darstellungen kennen (auf der nächsten Seite oben in Abbildung 4 ein Beispiel aus dem Pergamonmuseum in Berlin).

Der menschliche Traum vom Fliegen ist wahrscheinlich so alt wie der Mensch selbst. Bevor man sich vorstellen konnte, dass es vielleicht technische Möglichkeiten geben könnte, sich diesen Traum zu erfüllen, musste man sich zwangsweise an der Natur orientieren – da blieben nur Flügel, wie wir sie von den Vögeln kennen. Wenn man dann davon ausgeht, dass höhere Wesen im Himmel beheimatet sind, dann musste man zwangsläufig zu einer ähnlichen »Lösung« wie der oben abgebildeten kommen.

Darüber hinaus übertragen wir auch heute noch im Sprachgebrauch häufig die Attribute von Tieren auf Menschen – stark wie ein Bär, schlau wie ein Fuchs usw. – nichts anderes taten auch die Schamanen in Jägerkulturen, die sich in Tierfelle kleideten und für Zeremonien auf diese Weise die Attribute der entsprechenden Tiere übernahmen.

Meiner persönlichen Meinung nach ist die These von realen Mischwesen eine der unsinnigsten, die die Prä-Astronautik aufgeworfen hat.

Doch nun zum Serapeum: Der Apis-Stier wurde in Ägypten verehrt und im Serapeum ursprünglich in Holzsärgen bestattet (in denen auch die Knochensplitter mit Bitumen gefunden wurden[7], und nicht wie Däniken fälschlicherweise schreibt, in den Steinsarkophagen). Erst in der Spätzeit, ab der 26. Dynastie (664–332 v. Chr.) wurden die beschriebenen Steinsarkophage verwendet.[8] Damit ist die These, die riesigen Sarkophage sollten die Monstren gefangen halten, auch ad acta, schließlich wurden die vermeintlichen Mischwesen ja in Holzsärgen bestattet.

Wie auch an den meisten anderen Denkmälern Ägyptens hatten sich hier ebenfalls lange vor den ersten wissenschaftlichen Ausgräbern 1850 Raubgräber zu schaffen gemacht, mit Ausnahme einer unangetasteten Kammer aus der Zeit Ramses II.[9]

Wenn Däniken also ausschließt, dass Raubgräber die Sarkophage geplündert haben oder christliche Mönche, da zum einen verschiedene Knochensplitter gefunden worden sind und zum anderen nicht genügend Hinweise auf eine Zerstörung vorliegen, dann muss ich die Gegenfrage stellen, weshalb die nachweislichen Eindringlinge die Särge unangetastet gelassen haben sollen? Zumal viele wertvolle Schmuckstücke sich innerhalb der Mumien befanden, es war also gängige Praxis, die Mumien entweder wegzuschleppen, um an die in ihnen verborgenen Reichtümer zu gelangen, oder sie an Ort und Stelle zu verbrennen und sich danach der übrig gebliebenen Schmuckstücke zu bemächtigen. Hierfür gibt es sogar auf Papyri festgehaltene Zeugenberichte aus der Zeit der Pharaonen, die bei einer Gerichtsverhandlung beschrieben, wie sie eine Königsmumie verbrannten, um an die Reichtümer zu gelangen.[10]

Weiter geht es mit dem dritten Kapitel »Wissenschaftlich? Wissenschaftlich!«. Auch dieses Kapitel bietet wenig Neues, Däniken weist darauf hin, dass die Interpretation alter Texte eben genau das ist – eine Interpretation, zieht Querverbindungen zwischen den Ägyptern und Mittelamerika und behandelt Textstellen aus alten Mythen wieder wie Sachberichte und sieht damit die Anwesenheit der außerirdischen Götter auf der Erde bestätigt.

Interessanterweise arbeitet Däniken hier immer äußerst selektiv, zieht Einzeltextstellen aus ihrem Kontext und auch die Anwendung alter Texte als Sachberichte wird nur soweit betrieben, wie es Dänikens Thesen unterstützt. Wenn es nicht so wäre, müsste man auch als real gegeben annehmen, dass Jonas tatsächlich drei Tage in einem Walmagen überlebte und dann freikam. Natürlich würde so etwas niemand tun, dass es sich hier um eine Erzählung handelt, die auf Fantasie beruht, dürfte jedem klar sein. Weshalb sollte dies bei anderen Texten dann nicht auch der Fall sein?

Natürlich gibt es immer wieder reale Bezüge in alten Texten, und die Möglichkeit eines durch solche Texte verewigten Besuchs Außerirdischer kann derzeit auch niemand ausschließen. Die rein assoziative Methode, die Däniken bei seinen Interpretationen anwendet ist allerdings alles andere als zielführend und beherzigt nicht einmal die Kriterien, die an die Schüler im Deutschunterricht gestellt werden, wenn diese
literarische Texte interpretieren sollen.

»Die Rückkehr der Götter« ist dann das Kapitel, das auch den Titel gibt, hier geht es nämlich um die Frage nach dem Ende des großen Kalenderzyklus der Maya im Jahr 2012 und den damit verbundenen Ereignissen, die eingeleitet werden könnten.

Wie schon in seinem Buch »Der Tag, an dem die Götter kamen« schildert er hier grob den Aufbau des Maya-Kalenders und das Ende des großen Zyklus, der am 23.12.2012 stattfinden wird und an dem den Prophezeiungen der Maya nach der Gott Bolon Yokte zurückkehren soll. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass er sich bezüglich der Synchronisation mit unserem gregorianischen Kalender nicht sicher ist und dass er zwar überzeugt sei, dass das Ende des Zyklus die Rückkehr der Außerirdischen verspricht, dass er aber nicht davon überzeugt sei, dass dies auch tatsächlich 2012 der Fall sei. Gleichzeitig fragt er sich, woher die Maya das unglaublich exakte Wissen um die Kalenderberechnung hatten und weist auf weitere Religionen hin, die den Wiederkunftsgedanken der Götter kennen. Sein Fazit lautet somit: »Unsere Einstellung den alten Dingen gegenüber ändert nichts an der Rückkehr der ›Götter<. Sie werden auftauchen und ihre Präsenz wird unsere selbstgefällige Seele erschüttern. Der 23. Dezember 2012 ist das Datum aus dem Maya-Kalender. Auch wenn dieser Tag nicht aufgeht – der Götterschock steht uns trotzdem bevor.« (S. 175)

Auch zu diesem Kapitel gibt es wieder einiges anzumerken. Interessant ist zum Beispiel, dass Däniken den Namen Bolon Yokte ins Spiel bringt. Im deutschsprachigen Raum ist es nämlich erst das vierte Mal, dass ich auf diese Prophezeiung bezüglich des Maya-Kalenders stoße. Das erste Mal war es eine Veröffentlichung des bekannten deutschen Maya-Experten Nikolai Grube, der darauf hinwies, dass es eine Inschrift aus dem 7. Jahrhundert aus der unbedeutenden Maya-Stadt Tortuguero gibt, die auf die Wiederkunft Bolon Yoktes 2012 hinweist.[11] Im Januar 2007 wies ich in einem Artikel zum Thema auf diesen Umstand hin[12], 2008 Luc Bürgin, der ebenfalls Bezug auf Grube nimmt[13], und 2009 erwähnte Lars Fischinger diesen Umstand (ohne allerdings die Herkunft der Information anzugeben).[14]

Däniken präsentiert also auch hier wieder nichts Neues. Interessant ist auch, dass gleich die Rede davon ist, die Maya würden die Wiederkehr von Bolon Yokte erwarten. Tatsächlich waren die Maya aber kein einheitliches Volk, sondern ein Konglomerat von Stadtstaaten, die sich gegenseitig bekriegten. Die Inschrift in der Mayastadt Tortuguero kann also erstmal nur für diesen Stadtstaat gelten und nicht gleich auf die anderen Mayastaaten übertragen werden. Tortuguero war auch verglichen mit den mächtigen Reichen in Tikal oder Palenque relativ unbedeutend und stand zwischen 603–702 n. Chr. unter hegemonialer Herrschaft Palenques.[15]

Ich muss persönlich sagen, dass ich eigentlich wenig davon halte, wenn Kritiker grenzwissenschaftlicher Annahmen häufig mit dem Argument der Ersatzreligion kommen, dieses Kapitel aber erinnerte mich durch das Schüren der »Hoffung«, dass in naher Zukunft die außerirdischen Götter zurückkehren werden, sehr stark daran, wie ich gestehen muss.

Däniken schildert auch hier wieder die Legende, Cortés wäre, als er Mexiko 1518 erreichte, von den Azteken fälschlicherweise für den wiedergekehrten Gott Quetzalcoatl gehalten worden. In der Tat geistert diese Geschichte nach wie vor durch die populäre Literatur, ist allerdings in der Wissenschaft schon lange vom Tisch. Der Florentiner Kodex, der dies berichtet, entstand 20 Jahre nach der Eroberung Mexikos und stellt vermutlich lediglich einen Versuch der Azteken da, sich ihre Niederlage gegen die Unterzahl spanischer Soldaten zu erklären. Bereits 1980 untersuchte Werner Stenzel alle relevanten Texte aus der Zeit der Eroberung und konnte aufzeigen, dass eine solche Götterverwechslung wohl nie stattfand.[16]

Ich selbst arbeite seit Längerem an einem umfangreichen Beitrag zu dieser Fragestellung und der nach der Herkunft Quetzalcoatls, dessen Übersetzung mit »geflügelte Schlange« übrigens nicht ganz treffend ist.

Quetzalcoatl, der Name setzt sich aus dem Wort Quetzal, einer in Mittelamerika einheimischen Vogelart mit einem auffälligen Federkleid, und coatl, was in Nahua Schlange bedeutet, zusammen. Daher spricht man häufig von gefiederter Schlange. Doch auch das Coatl lässt sich noch auseinander nehmen. Co bezeichnet in der Mayasprache eine Schlange, während atl im Nahua für Wasser steht.[17] Man könnte Quetzalcoatl also noch differenzierter für die verschiedenen Elemente, Himmel, Wasser und Erde (die Schlange als am Boden kriechendes Tier) sehen.

Der Mayakalender beginnt am 13. August 3114 v. Chr. Und wie schon in dem Buch »Der Tag an dem die Götter kamen« spekuliert Däniken hier Bezug nehmend auf eine Textstelle aus den Chilam-Balam-Büchern, dass an diesem Datum die Götter auf der Erde erschienen. Interessant ist hier die Argumentation: »Doch weshalb hatten die Maya am 13. August 3114 vor Christus mit ihrem Kalender begonnen? […] Jede Kultur hatte und hat ihren eigenen Kalender, und das Datum, ab dem gerechnet wird, markiert stets ein unsagbar wichtiges Ereignis. Bei uns Christen ist es die Geburt von Jesus. Erst ab dann wird gezählt. Bei den Muslimen ist es der Tag, an dem Mohammed von Mekka nach Medina übersiedelte (622 nach Christus) und die jüdische Zeitrechnung beginnt mit der Erschaffung der Welt vor 5770 Jahren (3761 vor Christus).« (S. 154)

Diese Argumentation spricht zwar dafür, dass wohl ein wichtiges Ereignis als der Startpunkt gesehen wurde (zum Beispiel das Erscheinen der Götter), doch allein die Tatsache, dass der Startpunkt des jüdischen Kalenders mit der Erschaffung der Welt vor wenigen Tausend Jahren beginnt, zeigt doch, dass dieses Ereignis nicht unbedingt real stattgefunden haben muss, sondern durchaus fiktive religiöse Wurzeln haben kann.

Das letzte Kapitel trägt den Titel »Die Ewige Intelligenz « und Däniken sinniert hier über Überlegungen zum SETI-Projekt, dem Fermi-Paradox, Warp-Antriebe als Möglichkeiten für interstellare Reisen und die Idee der Panspermie. Auch bringt er die These von Susan Blackmore ins Spiel, dass es so genannte Meme gäbe, unter denen durch Gedanken übertragene Informationen zu verstehen sind, die sich exponentiell ausbreiten und so Informationen übertragen (allerdings muss angemerkt werden, dass es für die Meme keinerlei empirische Bestätigung gibt und es sich bisher nur um ein Gedankenkonstrukt handelt).

Seine These ist, dass das Leben sich universell durch Panspermie im All ausgebreitet hat und dass wir mit der Rückkehr der Götter definitiv zu rechnen haben.

Auch in diesem Kapitel gibt es wieder einige Kritikpunkte, von denen ich vor allem einen kurz aufgreifen möchte. Dänikens Argumentation über die Existenz außerirdischen Lebens ist wenig differenziert, denn er umgeht das größte Problem, das wir bei einer Schätzung über mögliches Leben im All haben: Die Biogenese! Bis heute wissen wir nicht, was den Funken entzündet hat, der aus unbelebter Materie belebte gemacht hat. Doch ist genau dies der Knackpunkt bei der Beurteilung der Frage nach der Wahrscheinlichkeit außerirdischen Lebens. Wenn wir nicht wissen, wie genau Leben entsteht, können wir auch nicht wissen, unter welchen Umständen und wie häufig dies auf anderen Himmelskörpern geschieht bzw. geschehen ist.

Däniken umgeht dies, indem er die Panspermie als gegeben hinnimmt und behauptet »Weshalb drehen und winden wir uns eigentlich gegen diese vernünftige und naturwissenschaftlich beweisbare Ansicht?« (S. 188)

Vermutlich deshalb, weil die Idee der Panspermie, egal ob gerichtet (also künstlich von Aliens ins All geschossene Sporen) oder ungerichtet durch Kometen, wie Fred Hoyle vermutete, bislang nicht bewiesen ist! Die Problematik der Biogenese wird damit ins All verlagert, aber keinesfalls geklärt, denn auch auf Kometen oder der Urheimat der hypothetischen Schöpfer-Aliens muss das Leben ja irgendwie entstanden sein.

Die einzig ehrliche Antwort auf die Frage nach der Häufigkeit außerirdischen Lebens muss also lauten: Wir wissen es schlicht und einfach nicht!

Als persönliches Fazit kann ich zu »Götterdämmerung« nur sagen, dass es mir wenig gefallen hat. Zwar ist das Buch recht kurzweilig und lässt sich locker an einem Abend durchlesen, doch liegt dies wohl eher an der einfachen Sprache, der großen Schrift und den häufig großformatigen Bildern (die in der Regel eine gute Qualität haben), als daran, dass es wirklich gut ist.

Leider ist vor allem das weggefallen, was auch Däniken-Kritiker an seinen früheren Büchern immer lobend hervorgehoben haben, der Humor und die interessanten und witzigen Reiseanekdoten. Stattdessen behauptet Däniken, hier Beweise und Fakten zu erbringen, die sich bei näherer Betrachtung als weit weniger beweiskräftig entpuppen, als Däniken vermuten lässt. An einigen Punkten habe ich auch versucht, das hier aufzuzeigen.

Wirklich Neues erfährt der Insider, der die Literatur von Däniken kennt, eigentlich auch nicht. Obgleich ich nach wie vor der Grundidee der Prä-Astronautik, also der grundsätzlichen Möglichkeit außerirdischer Besuche auf der Erde offen gegenüber stehe, muss ich sagen, dass Bücher wie dieses ein Schritt in die falsche Richtung sind, wenn man dieser Frage wissenschaftlich ernsthaft auf den Grund gehen möchte.

1 vgl. Gieseler 1974, S. 182
2 vgl. Scherer, Wiskin: http://www.wort-undwissen.de/index2.php?artikel=disk/d86/1/d86-1m.html
3 vgl. Böckler 2002: http://www.mysteria 3000.de/wp/?p=22
4 vgl. Baumann 1994, S. 121
5 vgl. Morell 2002, S. 89
6 vgl. Dörnenburg: http://doernenburg.alien.de/alternativ/ fun/fun00.php
7 vgl. Lauer 1976, S. 21 ff.
8 vgl. Eggebrecht 1997, S. 265
9 vgl. Posener (o. J.), S. 239
10 vgl. Cotrell 1989, S. 212
11 vgl. Grube, 2004 S. 50
12 vgl. Kramer 2007
13 vgl. Bürgin 2008
14 vgl. Fischinger 2009, S. 89
15 vgl. Schele, Freidel 1995, S. 295
16 vgl. Stenzel 1980
17 Nicholsen 1967, S. 82

Quellen
Baumann, Peter: Das letzte Geheimnis der Inka. Mumien, Gold und Heiligtümer auf dem Dach der Anden. Augsburg: Weltbild 1994
Böckler, Stefan: Tiahuanaco – eine Stadt wird jünger. In: Mysteria 3000 2 / 2002. http://www.mysteria3000.de/wp/?p=22
Bürgin, Luc: Apokalypse 2012. Maya-Inschrift prophezeit neues Zeitalter und die Ankunft eines Gottes am 21. Dezember. In: Mysteries Nr. 5, September / Oktober 2008
Cotrell, Leonard: Das Geheimnis der Königsgräber. München: Knaur 1989
Dörnenburg, Frank: 30-Sekunden-Rätsel – das Magneträtsel Puma Punkos. http://doernenburg.alien.de/alternativ/fun/fun00.php
Eggebrecht, Arne: Das alte Ägypten. 3000 Jahre Geschichte und Kultur des Pharaonenreiches. 4. Auflage. München: Bertelsmann 1997
Fischinger, Lars A.: Historia Mystica. Rätselhafte Phänomene, dunkle Geheimnisse und das unterdrückte Wissen der Menschheit. München: Ansata 2009
Gieseler, Wilhelm: Die Fossilgeschichte des Menschen. Stuttgart: Fischer 1974
Grube, Nikolai: Vorläufig kein Weltuntergang. In: Abenteuer Archäologie 1 / 2004
Kramer, André: Der Maya-Kalender. In: Mysteria 3000 Lexikon. http://www.mysteria3000.de/wp/?p=228
Lauer, Jean-Phillippe: Saqqara, the royal cemetery of memphis, exvavation & discoveries since 1850. London: Thames & Hudson 1976
Morell, Virginia: Herrscher unter der Sonne der Anden. In: National Geographic Deutschland Juli 2002
Nicholsen, Irene: Mexikanische Mythologie. Wiesbaden: Emil Vollmer Verlag 1967
Posener, Georges (Hrsg.): Lexikon der ägyptischen Kultur. Wiesbaden: R. Löwit (o. J.)
Schele, Linda; Freidel, David: Die unbekannteWelt der Maya. Das Geheimnis ihrer Kultur entschlüsselt. Augsburg: Weltbild 1995
Scherer, Siegfried; Wiskin, Richard: »Menschliche« Fußabdrücke in der Kreide: Ein Lehrstück für die Schöpfungsforschung. http://www.wort-und-wissen.de/index2.php?artikel=disk/d86/1/d86-1m.html
Stenzel, Werner: Quetzalcoatl von Tula. Die Mythogenese einer postkortesischen Legende. In: Zeitschrift für Lateinamerika Nr. 18, 1980.
André Kramer
224 Seiten, gebunden, farbig illustriert, ISBN: 978-3-942016-04-9

Erich von Däniken:
Götterdämmerung
Die Rückkehr der Außerirdischen 2012 und darüber hinaus

Kopp Verlag
www.kopp-verlag.de
Rottenburg am Neckar, 2009

Quelle: JUFOF Nr. 186: 184 ff

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