Brunner, Florian & Hoos, Harald: Kornkreise (2006)

Florian Brunner & Harald Hoos:
Kornkreise
Der größte Streich seit Max und Moritz

http://www.geistkirch.de/images/stories/titelabbsildungen/42_g.gif

Seit etwa 1978 sind sie präsent, die Kornkreise, die sich inzwischen zu wahren Kunstwerken entwickelt haben. Während es sich anfangs nur um einfache Kreise in südenglischen Getreidefeldern handelte, findet man heute die kompliziertesten Muster weltweit. Über deren Ursprung gehen die Meinungen auseinander. Die einen führten sie auf natürliche Ursachen und / oder von Menschen gemacht zurück, andere hielten sie für den Kontaktversuch einer außerirdischen Intelligenz. Als die ersten piktogrammähnlichen Muster auftraten, war eigentlich schon klar, dass man zumindest einen natürlichen Ursprung ausschließen konnte. Deshalb entwickelten sich zahlreiche und teils kuriose Interpretationsversuche, Forschungsgruppen, die sich sachlich dem Thema annähern wollten und Glaubens- und Meditationsgruppen. Etwa 1991 schwappte das Kornkreis-Phänomen auch nach Deutschland über. Seitdem wurden überwiegend im Kasseler Raum und auf Rügen zahlreiche Muster entdeckt.

Ich selbst habe das Kornkreis-Phänomen von Anfang an verfolgt und für mich war es schon frühzeitig klar, dass es sich hierbei um von Menschen gemachte »Kunstwerke« handeln müsse. Es hatte sich ein Sport entwickelt, immer kompliziertere Muster herzustellen und manche machten sich einen Spaß daraus, die Gläubigen zu narren. Für mich gab es immer nur gute und schlechte Fälschungen. Dem entgegen traten Forscher, die aufgrund bestimmter Anomalien in den Kreisen oder an den Getreidehalmen zu entscheiden versuchten, welches Muster nun echt oder gefälscht sei. So will man radioaktive Spuren gemessen, seltsame Substanzen in den Kreisen entdeckt und merkwürdige Phänomene registriert haben. In den Bereichen der Kreise wurden vermehrt vermeintliche UFOs beobachtet.

Doch im Laufe der Jahre bekannten sich zahlreiche Kornkreismacher zu ihren Taten. Selbst komplizierte Muster konnten in kürzester Zeit von ihnen hergestellt werden, die von vermeintlichen Kornkreis-Experten als »echt« eingestuft wurden.

Die beiden Autoren des vorliegenden Buches haben hauptsächlich das Kornkreis-Geschehen hierzulande begleitet, Harald Hoos sogar eine Zeit lang als Leiter einer Kornkreis-Forschungsgesellschaft. Sie berichten in ihrem Buch chronologisch über die Entstehung des Kornkreis-Phänomens in Deutschland und in welcher Form und mit welchen Methoden sich Einzelforscher und Gruppen dem Phänomen anzunähern versuchten. Das Witzige daran ist, dass die beiden maßgeblich an der Entstehung des Kornkreis-Mythos beteiligt waren. Sie stellten nämlich zahlreiche Muster her, die in den Blickpunkt der Kornkreis-Gläubigen gerieten und für allerhand Medienrummel sorgten.

Als Insider berichten sie über ihre Kontakte und Erfahrungen in der deutschen Kornkreis-Szene und halten ihr dabei den Spiegel der Naivität vor Augen. Auch wenn alle Namen durch Pseudonyme ersetzt sind, wissen Kenner der Szene, wer gemeint ist, und das macht die ganze Sache so amüsant. Nicht ohne einen leichten Ansatz von Schadenfreude beschreiben sie augenzwinkernd, wie leicht sich Kornkreisexperten narren lassen, wie schnell sie zu voreiligen Schlüssen gelangen, wie oberflächlich und unprofessionell ihre Untersuchungen sind und wie es in nachweislich gefälschten Kreisen zu all den Phänomenen kommt, die angeblich echte Kreise kennzeichnen. Auch die Gläubigen bekommen ihr Fett weg, etwa dann, wenn z.B. »eine Kornkreisforscherin so euphorisch auf einen Windbruch reagiert, dass sie gleich mit indianischen Tänzen und Gesängen beginnt«, oder wenn eine tote Fliege am Getreidehalm klebend ein Hinweis darauf ist, dass es sich bei dem Kornkreis um ein kosmisches Zeichen handelt.

Besonders interessant für mich sind die Ausführungen darüber, wie die Forschungsgesellschaft mit dem Phänomen umging. Da musste ich manches Mal mit dem Kopf schütteln. So werden schon mal in Kreisen entdeckte Fußspuren, die von den Kornkreismachern stammen, zu Spuren der ersten Besucher umdeklariert, oder man sinniert über vermeintlich rätselhafte Lichtkugeln, die in Unmengen auf Fotos erscheinen, statt die natürliche Ursachen der Linsenreflexionen zu akzeptieren.

Die Kornkreise sind sicherlich ein soziokulturelles Phänomen, das von der Interaktion mit den unkritischen Kornkreisexperten und Gläubigen lebt. Florian Brunner und Harald Hoos haben deutlich gezeigt, wie schnell und weitschweifend sich ein Mythos um etwas bilden kann, das eigentlich einen ganz banalen Ursprung hat. Die Ideen der Kornkreis-Befürworter werden ad absurdum geführt und das Handeln der Experten hinterfragt. Ich glaube nicht, dass sich nach diesem Buch etwas in der Szene ändern wird. Auch im nächsten Sommer werden wieder Theorien über die Entstehung der Kornkreise diskutiert, rätselhafte Anomalien registriert und unzählige Kornkreise von Enthusiasten plattgetrampelt. Naja… lassen wir ihnen doch den Glauben…

Mir hat das Lesen des Buches richtig Spaß gemacht, es ist sehr erhellend und aufklärend und verleitet schon mal zum Schmunzeln. Ein unbedingtes Muss für alle die, die sich für die Hintergründe zum Kornkreis-Phänomen und zur deutschen Szene interessieren. Ganz originell das am Seitenrand befindliche Daumenkino, das die beiden Kornkreismacher bei ihrer Arbeit zeigt.
Hans-Werner Peiniger

136 S. • br. • 12 x 21 cm • ca. 37 Abbildungen • ISBN 3-938889-42-X • € 12,80 • im Buchhandel erhältlich

Geistkirch Verlag
www.geistkirch.de
Saarbrücken 2006

Quelle: JUFOF 163: 26 f