Richard H. Hall:
The UFO Evidence
A Thirty-Year Report
Vol. II
Die erste von ihm verfasste Ausgabe, also Vol. I, erschien bereits 1964 bei dem „National Investigation Committee on Aerial Phenomena (NICAP). Nach fast vierzig Jahren folgt nun endlich der zweite Band dieser Dokumentation. So präsentiert UFO-Forscher-Veteran Richard H. Hall auf über 650 Seiten eine Fülle an Informationen über UFO-Sichtungen, Fotos, Entführungen usw. des Zeitraumes 1964 bis 1993 und gibt uns damit einen Einblick in die ufologische Entwicklung von dreißig Jahren.
Nach einem chronologischen Überblick über die in dem Buch erwähnten Fälle, führt er uns in die nachfolgenden Sektionen seines Buches ein. So präsentiert der Autor zahlreiche UFO-Ereignisse, die er nach Augenzeugen aufgeschlüsselt hat. Zunächst die Fälle mit militärischen Augenzeugen, dann Sichtungen von Piloten und Flugzeugbesatzungen, Wissenschaftlern und Techniker, Polizeibeamten, dann welche von Zeugen mit gutem Ruf, Professoren, Rangers usw. Hier wird wieder einmal suggeriert, dass die Beobachtungen dieser Augenzeugen bezüglich ihrer Glaubwürdigkeit und Aussagekraft eine bessere Qualität aufweisen als beispielsweise der Beobachtung von Lieschen Müller.
In der nächsten Sektion behandelt Hall Radar-Fälle, Fälle mit elektromagnetischen und physiologischen Effekten, Fälle, in denen man physikalische Spuren fand und Fälle, in denen uns ein Foto des UFOs zur Verfügung steht. Gerade unter Berücksichtigung des letzten Kapitels wird deutlich, dass es sich eigentlich bei Halls Arbeit nur um eine Fallsammlung handelt, ohne das kritische Material zu den Fällen eingehend zu betrachten und in die Bewertung mit einfließen zu lasen. Die sind nämlich m. E. viel zu neutral. Wenn man Hinweise auf eine Foto-Fälschung gefunden hat, warum kann man dann nicht schreiben, das es sich, meinetwegen „mit großer Wahrscheinlichkeit“, um einen Schwindel handelt. Satt dessen wendet Hall undeutliche Wischiwaschi-Formulierungen an. Zu manchen Fällen scheint er nicht mal das kritische Material zu kennen und bezieht sich lieber auf alte NICAP-Kenntnisse oder frühere Bewertungen der alten UFO-Forscher-Community. Auch das zeugt von wenig Professionalität.
Gastautor Thomas E. Bullard fand in der Zeitperiode mehrere UFO-Wellen und Konzentrationen von UFO-Sichtungen, über die er hier berichtet. Also das geht mir dann doch zu weit… Die „Wellen“ bestehen mal aus 11, mal auch aus über 30 Fällen, allerdings dann auch aus völlig unterschiedlichen Landesteilen – selbst einige deutsche Fälle werden hinzugezogen. Ich unterstelle einfach mal, dass Bullard überhaupt nicht alle Sichtungen aus dieser Zeit kennt, sondern nur die, die in bekannteren Veröffentlichungen oder in der von ihm selektierten Literatur publiziert worden sind. Unter Hinzuziehung aller Fälle, würde sich wahrscheinlich ein ganz anderes Bild ergeben.
Genauso Nichtssagend geht es weiter. Hall listet Fälle auf, die er nach spezifischen Merkmalen aufgeschlüsselt hat. So, nach der Form, nach Lichteffekten, beobachteten Landeeinrichtungen, Geräuschwahrnehmungen, beobachteten Satelliten-Objekten nahe des Hauptobjekts, usw.
Ähnlich geht es mit ‚UFOs mit Insassen’, Humanoiden-Sichtungen, und Entführungen weiter. Hier lässt Hall auch gleich mehrere Gastautoren zu Wort kommen, ebenso, wie bei einigen weiteren Randthemen zur UFO-Forschung.
Nun, ein Ziel hat Richard H. Hall sicherlich erreicht. Er hat den Beweis erbracht, dass ein UFO-Phänomen existiert. Doch das wussten wir auch schon vor dem Buch. Er hat auch aufgezeigt, wie vielschichtig es ist und verdeutlicht, dass es angesichts der hohen Zahl von UFO-Sichtungen eigentlich nur wenige Gemeinsamkeiten gibt. Zumindest habe ich das Hall’s Werk entnommen. Andere werden das sicherlich anders sehen und dahingehend argumentieren, dass sie ein Beleg für ein rätselhaftes Phänomen darstellen, hinter dem möglicherweise Eingriffe einer außerirdischen Intelligenz stecken. Wenn man sich jedoch das ganze Sichtungsspektrum anschaut, sehe ich dafür keine eindeutigen Hinweise.
Hall’s The UFO Evidence ist bis auf einige kleinere analytische Abschnitte mehr oder weniger eine reine Fallsammlung, um das Spektrum von UFO-Ereignissen in seiner Gesamtheit darzustellen. Was ich allerdings dabei vermisst habe, sind Beiträge zur Zeugenglaubwürdigkeit, zur Wahrnehmungspsychologie, Erklärungsmöglichkeiten usw. Statt dessen verweist er auf Übereinstimmungen in den Zeugenskizzen, was mich dann an die bunten UFO-Bildchen des MUFON-CES-Leiters Illobrand von Ludwiger erinnern lässt. Auch sonst sind in der Argumentation und in der Aufarbeitung und Präsentation des Materials Ähnlichkeiten zu Herrn von Ludwiger vorhanden. Die deutschen UFO-Fälle stammen übrigens fast ausschließlich aus MUFON-CES-Quellen.
Mein Fazit ist etwas zwiespältig. Auf der einen Seite sind ja Fallsammlungen wie The UFO Evidence auch für unsere Arbeit wichtig und eine ergiebige Informationsquelle, auf der anderen suggerieren sie dem unkritischen Leser jedoch ein ufologisches Bild, das er sicherlich in Richtung der ETH interpretiert, weil hier ganz einfach deutlichere Worte der Distanzierung fehlen.
Hans-Werner Peiniger
681 S., geb., ill., R., ausführliche Quellenhinweise, ISBN 0-8108-3881-8, $ 59,95
Scarecrow Press
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Lanham 2001
Quelle: JUFOF 148: 124 f