Angelika Jubelt: Tunguska – Das Rätsel ist gelöst?

Am 30. Juni 1908 explodierte über der Tunkuska in Sibirien ein kosmischer Körper, der über 100 Jahre später immer noch Anlass zu Spekulationen gibt. So kursieren heute darüber zahlreiche Erklärungstheorien, von einem Meteoriten oder einem Kometen bis hin zu einem Antimaterieteilchen und einem außerirdischen Raumschiff. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen eigentlich recht gut, dass es sich um einen Meteoriten gehandelt hat, der nicht in den Erdboden einschlug, sondern innerhalb unserer Lufthülle explodierte. Trotzdem halten sich wacker alle anderen Theorien und zu jeder gibt es Hinweise, die entsprechend interpretiert werden können.
Angelika Jubelt hat sich des Themas angenommen und sich dabei lobenswerterweise nicht auf reines Literaturstudium beschränkt. Sie nahm Kontakt mit Wissenschaftlern auf, sprach mit Forschern des Ereignisses und nahm an verschiedenen Veranstaltungen und Kongressen in Russland teil.
Zunächst gibt sie in Ihrer Arbeit einen Überblick über das Ereignis, über dessen schwierige Erforschung und zeigt auf, aufgrund welcher Hinweise es zu den verschiedenen Theorien gekommen ist. Sie gibt Aussagen der einheimischen Zeugen wieder, spricht mit russischen Forschern und diskutiert das Für und Wider deren Erkenntnisse.
Sie akzeptiert, dass der Tunguska-Körper in der Luft explodiert ist, geht aber zunächst davon aus, dass es sich dabei nicht um einen Meteoriten gehandelt hat, weil dieser „nur beim Aufprall auf der Erde durch die akkumulierte kinetische Energie“ hätte explodieren können. Offenbar ignoriert sie hier wissenschaftliche Untersuchungen, die eindeutig ergeben haben, dass ein Meteorit sehr wohl in der Luft explodieren kann. Sie argumentiert weiter mit Experimenten, die sie vom Hörensagen kennt und man heute nicht einmal nachvollziehen kann, wer sie durchgeführt hat und welche Veröffentlichungen es darüber gibt. Statt sich der vielen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu widmen, stützt sie den weiteren Inhalt Ihres Werkes auf die Ergebnisse und Theorien eines Juri Lawbin, den sie auch 2008 besucht hat. Er ist, wie sie schreibt, „Hobby-Forscher und Leiter des Sibirisch öffentlich-staatlichen Fond zur Erforschung des Tunguskaphänomens“. Wie sie selbst zugibt, wird Lawbin von vielen Tunguska-Forschern „als Lügner und Phantast abgestempelt“.
Lawbin wurde auch hierzulande bekannt, als er im August 2004 in den Medien Schlagzeilen machte . Auch wir im jufof berichteten darüber. Danach will er, als man das Gebiet längst der zweiten vermuteten Flugbahn eines Körpers absuchte, Reste eines Raumschiffes entdeckt haben. Er hat mehrmals Expeditionen in die sibirische Taiga unternommen, viele ungewöhnliche Funde dort gemacht und sich daraus resultierend eine ganz eigenwillige Theorie gebildet. So fand er weitere zerstörte Regionen im weiteren Umfeld des Kerngebietes. Wenn man allerdings die heutigen Aufnahmen dieser Gebiete sieht, dann erinnern sie sehr stark an die in unserer Region im Jahr 2007 durch den Orkan Kyrill zerstörten Waldgebiete. Wie auch immer… Lawbin fand Steine mit Bearbeitungsspuren, Schlacketeile mit angeblich unbekannten Metalleinschlüssen und vermeintliche Meteorite, die nie offiziell anerkannt wurden. Nach seinen Erkenntnissen hatte es sich bei dem über der Taiga explodierten Objekt um einen riesigen im Absturz befindlichen Meteoriten gehandelt, deren beim Aufschlag auf die Erde ausgelösten Wirkungen wahrscheinlich die Menschheit vernichtet hätte. Eine außerirdische Zivilisation, die sich in Erdnähe befand oder die Erde überwacht, hätte den auf eine Milliarden Tonnen geschätzten schweren Meteoriten vernichtet und noch vor dem Aufschlag zur Explosion gebracht. Dabei sei vielleicht das außerirdische Raumschiff selbst beschädigt worden oder in den Sog des Meteoriten geraten und an anderer Stelle explodiert.
Nun… da legt eine außerirdische Zivilisation Lichtjahre bis zur Erde zurück und kennt keine Lenkwaffen oder dergleichen, die aus sicherer Entfernung den kosmischen Körper hätten vernichten können?
Den damaligen Meldungen zufolge will er „Teile technischer Ausrüstungsgegenstände mit außerirdischem Ursprung“ gefunden haben. In dem Buch von Angelika Jubelt ist davon leider nichts zu sehen, wenn man mal von den Schlacketeilen absieht. Mittlerweile ist der Kontakt zu Lawbin auch ganz „versandet“.
Am Ende ihrer Arbeit beschreibt Angelika Jubelt in Anlehung an Lawbins Theorie ein Szenario des Tunguska-Ereignisses, das mir zu viele „wenn, dann“, „vielleicht“ und „könnte“ enthält. Trotzdem macht es deutlich, dass das Tunguska-Ereignis mit all seinen Randaspekten nach wie vor nicht vollständig geklärt ist und somit tatsächlich ausreichend Platz für Spekulationen bietet. Während man früher nur von einem niedergehenden Körper ausging, gibt es heute tatsächlich Hinweise dafür, dass es sich mindestens um zwei größere gehandelt hat, die damals auf verschiedenen Bahnen über der sibirischen Taiga flogen. War also die Tunguska-Katastrophe eine Verkettung mehrerer Ereignisse?
Die Arbeit von Angelika Jubelt fand ich trotz des spekulativen Charakters ganz informativ, weil sie uns einige interessante Hintergrunddetails zur Erforschung des Tunguska-Ereignisses vermittelt und uns einen aufschlussreichen Einblick in die Theorien und in die Person Juri Lawbins ermöglicht.

Hans-Werner Peiniger
116 Seiten, br., ill., ISBN-13: 978-3-935910-83-5, EUR 11,50

Ancient Mail Verlag
www.ancientmail.de
Groß-Gerau, 2011

 

Quelle: JUFOF Nr. 195: 95 f

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