Brent Raynes: John A. Keel: The Man, The Myths, and The Ongoing Mysteries

Vorwort: Rosemary Ellen Guiley

Viel wird über John A. Keel geredet und geschrieben. Doch oftmals hat man das Gefühl, dass viele der Personen, welche Keel erwähnen, dessen Werke gar nicht gelesen oder zumindest nur bis zu einem bestimmten Punkt verstanden haben.

Ein neues Werk, des US-amerikanischen UFO-Forschers Brent Raynes soll nun Hintergründe liefern und zwar sowohl was die Person John A. Keel als auch dessen Thesen und Themenschwerpunkte angeht.

Raynes, Interessierten bekannt als Autor der Bücher: »Visitors from Hidden Realms« (2004) und »On The Edge of Reality« (2009) sowie als Herausgeber des Online-Magazins »Alternate Perceptions«, beschäftigt sich bereits seit mehr als 50 Jahren mit dem UFO-Phänomen, aber auch mit anderen Themen der Anomalistik.

Das vorliegende Buch hat Raynes in Eigenregie und ohne Verlag veröffentlicht. Dies hat für einen Autor gewisse Vorteile, wie eine stärkere Beteiligung am Umsatz oder die völlige geistige und künstlerische Freiheit. Nachteile hat eine solche Veröffentlichungspraxis jedoch auch. Im folgenden Fall macht sich dies z. B. dadurch bemerkbar, dass im Buch in der Regel Flattersatz genutzt wird, an einigen Stellen aber auf Blocksatz gewechselt wird. An einer Stelle des Buches wechselt auch ohne ersichtlichen Grund mitten im Text die Schriftart. Typografisch kommen sowohl Hurenkinder als auch Schusterjungen vor. Und die Namen in Interviews werden mal fett, mal nicht fett gedruckt usw. Besonders eklatant ist, dass auf S. 308 auf einmal ein halber Satz fehlt. Solche Fehler hätten durch ein gutes Lektorat vermieden werden können und sind beim Lesen zuweilen kontraproduktiv. Auf den geistigen Inhalt hat dies natürlich nur wenig Einfluss.

Das Werk ist kein reines UFO-Buch, auch wenn hier eine Vielzahl von entsprechenden Fällen vorgestellt werden. Aber es geht hier auch um eine Vielzahl von anderen Phänomenen, allen voran Geister, Bigfoots und natürlich auch den Mothman.

Und hier gibt es viele interessante Fallbeispiele, welche nachweisen, dass Mothman-Sichtungen nicht nur in den USA vorkommen, sondern beispielsweise auch in Russland und Vietnam entsprechende Wesen gesichtet wurden. Bigfoots wiederum bezeichnete Keel als »Paraphysical Objects«.

Immer wieder zeigt sich, dass neben Phänomenen, welche ihre Fußspuren in der Materialität hinterlassen, auch der menschliche Geist und dessen Bewusstsein eine Schlüsselrolle spielen.

Eine weitere Schlüsselrolle scheinen auch Verbindungen zum Tod zu spielen. Diese Verbindung findet sich hierbei nicht nur beim Mothman und dem Einsturz der Brücke in Point Pleasant, sondern z. B. auch bei Telefonanrufen durch bereits verstorbene Personen. Auch Keel selbst hatte ein solches Erlebnis, als ein bereits verstorbener alter Freund ihn am Tag des Einsturzes der Silver Bridge besuchte. Keel resümierte aber, dass es sich hier nicht etwa um die tatsächlichen Verstorbenen handelt, welche Kontakt mit alten Freunden oder der Familie aufnehmen würden, sondern eher um etwas, was Stimme, Aussehen und Charakter der Verstorbenen imitiert.

Interessant liest sich, dass es dem Autor nicht nur um die Würdigung und Huldigung von Keel geht, sondern er sich auch durchaus Kritikpunkten annimmt und diese aufklärt (so werden unter anderem Fälle erwähnt, in welchen die Untersuchung nicht optimal verlief oder Keel erklärt, wie durch Verleger Fehler, angefangen von falsch geschriebenen Namen bis hin zu Zahlendrehern in Daten, entstanden sind).

Lustig wird es, wenn der Autor berichten kann, dass Keel in Point Pleasant noch 20 Jahre nach den Mothman -Vorfällen für Besucherströme und Hobbyforscher verantwortlich gemacht wurde.

Von vielen Forschern wird Keel heute als Vor- und Querdenker verstanden, dessen Blick auf diverse Phänomene und deren gemeinsame Einordnung in einen übergeordneten Rahmen Maßstäbe setzte. Wenig ist heute darüber bekannt, wie skeptisch Keel vielen Fällen, Forschern und deren Vorgehen gegenüber war. In vielen Fällen fand er sehr rationale Erklärungen. Auch dies wird im Buch behandelt.

Und natürlich kommt hierbei die Sprache auch auf Jacques Vallée, dessen Forschungen sich zwar in vielen Facetten von denen Keels unterscheiden, der aber dennoch in vielen Bereichen zu ähnlichen Schlussfolgerungen gelangte. Und auch in ihrer Ablehnung gegenüber bestimmten Forschungsmethoden, allen voran der Hypnose beim Abduction-Phänomen, gleichen sich Keel und Vallée.

Sehr interessant sind die Analysen die Keel in Bezug auf das UFO-Phänomen angestellt hat und die z. B. zeigen, dass mittwochs der Schlüsseltag bei vielen UFO-Sichtungen ist. Der Höhepunkt der Sichtungen wiederum ist um 3 Uhr morgens. Und Linkshänder scheinen eine höhere Chance zu haben, in das Paranormale verwickelt zu werden als Rechtshänder. Auch eine Verbindung zwischen intensiven Sichtungserlebnissen und Blitzeinschlägen in Menschen scheint laut Keel vorzuliegen.

Den weitaus größten Teil des Buches machen aber Interviews mit diversen Forschern aus (so z. B. Rosemary Ellen Guiley, einer 2019 verstorbene US-amerikanischen Ikone der Okkultismus-Forschung, oder Hakan Blomqvist, vom wohl größten UFO-Archiv der Welt, dem AFU in Schweden), welche sich zwar zu den Einflüssen, die Keel auf sie hatte, äußern, aber auch tief in ihre eigene Arbeit blicken lassen. Des Weiteren werden im Buch unzählige Fälle behandelt, welche der Autor und andere Forscher untersuchten.

Wer mehr über die Denkweise Keels und dessen Forschungen erfahren will, dem haben sich im letzten Jahrzehnt ungeahnte Türen geöffnet. Hatte Keel neben dem Roman »The Fickle Finger of Fate« (1966) und dem Kurztext »The Flying Saucer Subculture« (1973) nur sieben Bücher veröffentlicht (Neuauflagen und leicht geänderte Ausgaben nicht eingerechnet), so hatte man 2006 mit »The Best of John Keel« eine Zusammenstellung seiner besten Fate-Artikel herausgegeben. Zwischen 2013 und 2016 kamen dann insgesamt sieben Bücher mit ausgesuchten Texten Keels und einer Gesamtseitenzahl von fast 1.700 Seiten auf den Markt. Hiermit hat man eine fast vollständige Ausgabe aller von Keel gelieferten Texte, außerhalb seiner Buchveröffentlichungen.

Das Buch von Raynes ist nur in einigen Punkten wirklich John A. Keel gewidmet. Man erfährt eher etwas, wie Keel ihn und andere inspirierte, und wie er es schaffte, Horizonte zu erweitern.

Dennoch ist das Buch empfehlenswert, denn es bietet eine Fülle an unbekannten Fällen, welche nicht nur interessant zu lesen sind, sondern welche auch zeigen, wie verwinkelt doch verschiedene Phänomene miteinander sind.
Marius Kettmann, B.A.  ∗ ∗ ∗  ∗

336 Seiten, broschiert, 28 Abbildungen, ISBN 978-1079014501, ca. 15,83 €

Self Publishing
Columbia, South Carolina, USA, 2019

Quelle: JUFOF Nr. 250, 4/2020: 124 ff
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