Colm A. Kelleher & George Knapp: Jagd auf den Skinwalker

Auf einer abgelegenen Ranch in Utah stellen sich Forscher dem Unerklärlichen

Mit dem 2019 erschienene Buch »Jagd auf den Skinwalker« hat der Kopp-Verlag mit einem Zeitabstand von vierzehn Jahren die deutsche Übersetzung des 2005 auf Englisch erschienenen Buchs »Hunt for the Skinwalker« vorgelegt. Das Buch erzählt die Geschichte der Erforschung anomaler Phänomene auf der als »Skinwalker-Ranch« bekannt gewordenen Gorman-Farm in Utah durch das National Institute for Discovery Science (NIDS), einer von Robert Bigelow finanzierten privaten Forschungseinrichtung, die 1994 gegründet und 2004 wieder aufgelöst wurde. Das Buch ist in drei Teile gegliedert: Teil I, »Der Hotspot«, schildert die Vorgeschichte der Untersuchungen und den lokalen kulturellen Kontext der Navajo-Legenden um das als »Skinwalker« bekannte mythische Wesen. Teil II, »Beginn der Ermittlungen«, stellt die Historie der Forschungsaktivitäten des NIDS auf der Ranch dar und Teil III, »Nachspiel und Theorien«, präsentiert Erklärungsangebote und Schlussfolgerungen der Untersuchungen.

Die Darstellung ist weitschweifig und in einem gefälligen Erzählton gehalten, der sich an ein breites Publikum richtet, das nicht nur informiert, sondern auch unterhalten werden möchte. Die Kapitel des ersten Teils schildern, dass die Ranch in einer Region liegt, die als Hotspot für die Beobachtung anomaler Phänomene gilt. Ein zentrales Element ist dabei die Überlieferung der Navajo von den »Skinwalkern«, bei denen es sich um sehr mächtige Hexer dieses Stammes handeln soll, die in ihren Absichten »durch und durch böse« seien und eine Art Elite unter den Schamanen darstellten. »Hexer« sind das negative Gegenstück zu den Medizinmännern, sie sind innerhalb der Navajo-Gemeinden geächtet. Im ersten Teil werden dementsprechend eine Reihe von beängstigenden Begegnungen mit seltsamen, tierähnlichen Wesen geschildert, die gemäß dieser Überlieferung als »Skinwalker« gedeutet werden. Darüber hinaus werden anomale Begegnungen unter anderem mit einer schwebenden Apparatur berichtet, die Ähnlichkeiten mit den aus Brasilien dokumentierten »Chupas« aufweisen soll, jenen in Form und Größe an einen Kühlschrank erinnernde fliegenden Geräte, die mit einer Art Strahlenwaffe Jagd auf Menschen machen. Betroffen sind im Umfeld der Gorman-Ranch Rinder, da es immer wieder zu Viehverstümmelungen kommt, und in einem anderen Fall ist von fliegenden Leuchtkugeln die Rede, die drei Hunde des Eigentümers Tom Gorman zu Tode gebracht haben.

Der zweite Teil berichtet von der Phase der wissenschaftlichen Untersuchungen, nachdem die Familie Gorman aufgrund der psychischen Belastung durch die anhaltenden Vorfälle sich entschließt, die Farm aufzugeben. Das NIDS erwirbt Farm und Gelände, und der frühere Eigentümer, Tom Gorman, nimmt das Angebot an, sich als Verwalter der Farm anstellen zu lassen. Das Forschungsteam errichtet nun Beobachtungs- und Messstationen, erzielt damit aber kurzfristig keine Erfolge. Im Zeitraum von Sommer 1996 bis Sommer 1997 kommt es dann aber zu einer Häufung von Sichtungen, deren spektakulärste eine Beobachtung ist, bei der während der Nachtstunden ein kleines, bodennahes Licht sich zu einem großen »Lichttunnel« auswächst, aus dem dann ein großes, gesichtsloses Wesen regelrecht herausklettert, woraufhin das Licht wieder verschwindet. Diese Beobachtung wird in den Kontext kryptozoologischer Berichte aus aller Welt, darunter »Bigfoot« und »Sasquatch«, gestellt. Nach dem Sommer 1997 nimmt die Frequenz der Beobachtungen deutlich ab, und das NIDS-Team verlässt sich überwiegend auf automatische Überwachungskameras.

Im dritten Teil des Buchs wird eine Reihe wissenschaftlicher und grenzwissenschaftlicher Spekulationen erläutert, die zur Erklärung anomaler Erscheinungen vorgebracht worden sind: Interdimensionale Wesen, Zeitreisende, »Ultrairdische«, Paralleluniversen, alternative Bewusstseinszustände – praktisch alles, was zwischen Physik und Quantenesoterik auf dem Markt ist. Erst zum Schluss wird eine anomalistische Bilanz der Beobachtungen auf der Skinwalker-Ranch gegeben: die Phänomene werden als »vernunftbegabte, extreme Anomalie« bewertet, die das Untersuchungsteam allerdings aufgrund ihrer Merkmalsvielfalt regelrecht überfordert hätten: »Es war fast so, als habe ein kosmischer Puppenspieler eine Liste sämtlicher unheimlicher Phänomene der Neuzeit erstellt und dann alles an einem Ort freigesetzt. (…) Die Ereignisse traten zufällig und unvorhersehbar ein und nie mehr als einmal am selben Ort oder auf dieselbe Weise.«

Der Eindruck des Rezensenten vom Buch ist ambivalent: Wer von der »Skinwalker-Ranch« bislang nicht mehr als den Namen kennt und sich einen Überblick über die dokumentierten Phänomene verschaffen möchte, erhält mit dem Buch eine solide Präsentation, die einen guten Einblick in die anomale »strangeness« des Gegenstandes gestattet. Andererseits bleibt der Versuch einer theoretischen Einordnung sehr oberflächlich, und die Darstellung der Beobachtungen hätte komprimierter und weniger im Plauderton erfolgen können. Es ist auch schade, dass der Kopp-Verlag vierzehn Jahre nach Erscheinen des englischen Originals es nicht beabsichtigt oder vermocht hat, der deutschen Übersetzung ein Nachwort zu organisieren, das die Darstellung in eine aktuelle anomalistische Perspektive einordnet. Wer in Fragen der Anomalistik bereits belesen ist, dem sagt das Buch daher nichts Neues.
Ingbert Jüdt ∗ ∗ ∗  ∗

352 Seiten, gebunden, ill., ISBN-13: 9783864456633, 22,99 €

Kopp Verlag
www.kopp-verlag.de
Rottenburg, 2019

Quelle: JUFOF Nr. 250, 4/2020: 126 ff

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