Andreas Müller: Deutschlands UFO-Akten

In der UFO-Forschung sind wir es seit Jahrzehnten gewohnt, dass verschiedene Regierungen der Welt UFO-Akten veröffentlichen. Es ist kein Geheimnis, dass verschiedene Behörden sich mit der Frage nach potenziellen Eindringlingen in den jeweiligen Staatsluftraum befasst haben oder sich noch immer (oder wieder) befassen.

In der öffentlichen Wahrnehmung wurde besonders ein solches Schriftstück beachtet, das im Juni 2021 durch die amerikanische Regierung veröffentlicht wurde und das potenziell exotische Erklärungen für durch Militärpersonal gemachte Beobachtungen nicht ausschließt.

Und wie sieht es in Deutschland aus? Hat die Bundesrepublik Deutschland staatliche UFO-Forschung betrieben und existieren hierüber Dokumente? Oder hatten Behörden auf anderem Wege Berührung mit der Thematik?

 Die offiziellen Aussagen der Bundesregierungen verneinen dies stets.

Andreas Müller hat in diesem Buch „Deutschlands UFO-Akten“ alle von ihm recherchierten Infos hierzu zusammengetragen und diskutiert weiter offene Fragestellungen und Implikationen, die sich aus seinen Recherchen ergeben.

In 23 Kapiteln auf 452 Seiten werden Fragen zur Staatlichkeit der UFO-Forschung in der BRD im engeren und im weiteren Sinne behandelt. So startet das Buch mit einem historischen Überblick über Statements deutscher Politiker zu UFOs allgemein und der Frage nach einem offiziellen Interesse der Bundesrepublik an UFOs. Es werden ein Überblick über staatliche UFO-Forschung in den Nachbarländern geboten und historische Fälle betrachtet.

Andreas Müller nimmt sich dankenswerterweise auch des leidigen Themas der angeblichen Reichsflugscheiben an, und kommt, ähnlich wie ich, zu der Schlussfolgerung, dass es keine leistungsfähigen Flugzeuge dieser Art gab und hier stattdessen vor allem ein rechtsextremer Mythos vorliegt.

Als besonders spannend erweist sich dann, dass im Bundesarchiv in Koblenz tatsächlich UFO-Akten der BRD einsehbar sind und aus den 1950er bis 1960er Jahren stammen. Diese werden hier besprochen und auch abgedruckt.

Doch auch auf spezielle Ufo-Fälle wird hier eingegangen, so in zwei Gastbeiträgen zum einen von Ralf Bülow auf das Haselbach-UFO von 1950. Bülow konnte die Tochter des Hauptzeugen zu diesem Fall interviewen, der es sogar in die Blue Book-Akten schaffte und stellt den Fall dezidiert vor.

Marius Kettmann wiederum stellt seine Recherchen zu den Greifswald-Lichtern von 1990 vor und Andreas Müller bespricht einen GEP-Fall, bei dem es zur Beinahe-Kollision eines Bundeswehr-Hubschraubers mit einem grünen Objekt gekommen ist.

Auch der UFO-Zwischenfall vom Bremer Flughafen 2014 findet eine ausführliche Besprechung. All diese Fälle haben gemein, dass hier Staatsvertreter involviert waren und diese Fälle sollen unter anderem die mögliche Relevanz des UFO-Themas für die staatliche Sicherheit aufzeigen.

Andreas Anton stellt in einem Gastbeitrag den Umgang der ehemaligen DDR mit dem UFO-Thema im Kontext der politischen Ideologie dar und zeigt auf, weshalb UFOs in der DDR ein Tabu-Thema waren. Gleichzeitig existieren einige wenige Stasi-Akten zum Thema und Andreas Müller druckt hier die Akten des UFO-Falls Halle 1985 ab.

Dies ist natürlich nur ein grober Überblick. Insgesamt kann man sagen, dass in diesem Buch facettenreich die verschiedensten staatlichen Perspektiven, Untersuchungen, aber auch hypothetischen politischen und gesellschaftlichen Relevanzen rund um das UFO-Thema dargestellt werden. Ein Blick über den Tellerrand, hinüber zu unseren Nachbarn nach Österreich und in die Schweiz, gibt es auch.

Insgesamt zeigt sich, dass die Bundesrepublik bislang keine koordinierten Bemühungen organisiert hat, um sich mit UFOs zu beschäftigen, gleichzeitig aber verschiedene Stellen immer wieder mit diesem Thema konfrontiert wurden und entsprechende Nachweise durch offizielle Schriftstücke tatsächlich vorliegen.

„Deutschlands UFO-Akten“ kommt derzeit sicherlich der Status eines Standardwerks zur Frage des politischen Umgangs mit dem UFO-Thema in Deutschland zu.

Die Quellen werden immer mit angegeben, bei Links zu Videos und Online-Dateien finden sich im Buch sogar innovativerweise entsprechende QR-Codes, die nur abgescannt werden müssen, um auf die entsprechenden Seiten zu gelangen.

Gewünscht hätte ich mir tatsächlich jedoch auch ein alphabetisch sortiertes Quellenverzeichnis am Ende.

Die dargestellten Fälle werden sicherlich hier und da von anderen UFO-ForscherInnen bzgl. ihres Status, geklärt oder ungeklärt, unterschiedlich bewertet werden. Das ist aber klar Teil des fachlichen Diskurses.

Angenehm ist auch die Zurückhaltung bei möglichen exotischen Erklärungsversuchen für das UFO-Phänomen (ETH), sodass ein weitgehend offener Sprachgebrauch erfolgt. Dies dient sicherlich der Sachlichkeit ungemein.

Umfangreiche deutschsprachige Bücher zum UFO-Thema sind inzwischen eine Seltenheit geworden. Entsprechende Bücher, die sauber recherchiert sind und ohnedies auch noch einen Neuigkeitenwert haben, sind unter diesen wenigen auch die Ausnahme, und so kann ich dieses Buch nur allen Interessierten sehr empfehlen.

André Kramer ∗ ∗    

452 Seiten, br., ill., ISBN: 978-3754306802, Preis: 29,99 €

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Norderstedt, 2021

Quelle: JUFOF Nr. 260, 2/2022: 58 ff

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