Jonas Richter:
Götter-Astronauten
Erich von Däniken und die Paläo-SETI-Mythologie
Diese Kurzrezension ist vor allem als Einleitung für das darauffolgende Interview mit dem Autor Jonas Richter zur Veröffentlichung seiner Dissertationsschrift über Erich von Däniken zu verstehen.
Im kommenden Jahr jährt sich das Erscheinen von Erich von Dänikens Erstlingswerk »Erinnerungen an die Zukunft« zum 50. Mal. Seither hat Däniken die Prä-Astronautik nicht nur populär gemacht, sondern auch geprägt wie vermutlich kein anderer Autor dieser Szene.
Biografien über das Leben des Erich von Däniken gibt es inzwischen eine ganze Reihe. Jonas Richter geht in seiner Dissertationsschrift in der Religionswissenschaft jedoch auf einen ganz anderen Aspekt von Dänikens Persönlichkeit ein. Anhand sämtlicher Buchveröffentlichungen und Schriften über ihn, ja sogar zurückgreifend auf die fast gänzlich unbekannten Veröffentlichungen Dänikens aus der Zeit vor dem Erscheinen von »Erinnerungen an die Zukunft«, rekonstruiert Richter hier das Weltbild des Erich von Däniken, dessen religiöse Weltanschauung und sein Denken, das im Wesentlichen auch die Methodik und Logik seiner Veröffentlichungen prägt.
Dabei vermag Jonas Richter es, frei von jeglicher Polemik auch die Diskrepanzen zwischen Dänikens Argumentationslogik und der der Wissenschaft aufzuzeichnen und in Begriffe zu fassen, die zu analytischen Zwecken auch für kommende Analysen sehr sinnvoll erscheinen.
So bezeichnet Richter Dänikens Verfahren der Textinterpretation in Anlehnung an den in Tacitus‘ Germania verwendeten Begriff der interpretatio Romana, »interpretatio technologica«. Hierunter versteht er das Verfahren, anhand der in der Prä-Astronautik im Allgemeinen und bei Däniken speziell religiöse Überlieferungen in einem technologischen Sinn (um-)gedeutet und Begriffe dieser Texte technologisch übersetzt werden.
Spannend zu sehen ist, wie sehr Dänikens persönliche Gottesvorstellung und Religiösität in seiner präastronautischen Argumentation zu einem scheinbar objektiven Faktor wird. Da »sein« Gott allmächtig und unpersönlich ist, können die Gottesvorstellungen anderer Kulturen nicht personifiziert und mit Schwächen bedacht sein, außer es handelt sich um reale Begegnungen mit fremden Wesen.
Auch sehr deutlich wird Dänikens Bewertung von Wissenschaft. Während er den praktischen Wissenschaften, vor allem den Ingenieurswissenschaften aufgrund seines Fortschrittsglaubens einen hohen Stellenwert zuspricht, betrachtet er Geisteswissenschaften eher abfällig und spricht ihnen keinen hohen Stellenwert zu. Ihm geht es vor allem um klare Erkenntnisse. Diskurse und Differenzierungen sprechen für ihn gegen den Wert wissenschaftlicher Arbeiten und nicht für diesen, da es seine Erwartung ist, dass Wissenschaft unverrückbare Antworten zu liefern habe. Im Widerspruch hierzu steht freilich seine Forderung nach Offenheit für fantastische Ideen und der Umstand, dass seine eigenen Erklärungen selbst immer wieder einem Wandel unterworfen sind.
Sehr dicht hält sich Jonas Richter bei seinen Ausführungen an die direkten Zitate aus Dänikens Werken, zeigt hierbei auch auf, in welcher Form es einen zumindest partiellen Wandel in einigen Vorstellungen in dessen Weltbild gibt, zieht hierbei auch die Werke weiterer früher Autoren mit prä-astronautiken Inhalten (Charles Fort, Desmond Leslie, Louis Pauwels und Jacques Bergier sowie Robert Charroux) heran und arbeitet Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Weltanschauung und Inhalten von Dänikens Werken heraus.
Doch auch Eindrücke direkt aus dem Feld finden Einzug in die Ausführungen von Richter. Diese hat er durch Beobachtung der Diskurse in sozialen Netzwerken, aber auch durch den mehrmaligen Besuch von Tagungen wie dem One-Day-Meeting der A.A.S. gewonnen.
Der sachliche Ton, die gute Lesbarkeit und die spannenden Analysen mit einer neuen Fragestellung zu dem vielleicht wichtigsten Akteur der Prä-Astronautik zeichnen dieses Buch aus und machen es wünschenswert, dass es in der Szene eine große Verbreitung findet.
André Kramer
364 Seiten, broschiert, ISBN 978-3-643-13655-8, 39,90 €
Lit Verlag
Reihe Perspektiven der Anomalistik, Band 5
www.lit-verlag.de
Quelle: JUFOF Nr. 231, 3/2017: 93 f