Thomas J. Carey & Donald R. Schmitt: Im Inneren der wahren Area 51

Thomas J. Carey & Donald R. Schmitt:
Im Inneren der wahren Area 51

Die geheime Geschichte von Wright-Patterson

 

Das ins Deutsche übertragene Buch ist eine Neuerscheinung, mit allen Anhängen und Registern 336 Seiten, schlicht gehalten, wenig Dokumentabbildungen, wenig Personenabbildungen, rein schwarz-weiß auf durchgängig grobem Papier.

Wir erwarten als Hauptthema die Behandlung des Stützpunkts Wright-Patterson im Vergleich zur Area 51. Als zweiter roter Faden taucht mehrfach Dr. J. Allen Hynek auf, ihm (und parallel Carlton William »Carl« Day) wird die Widmung zuteil. Im Vorwort lässt Tracy Tormé die Katze aus dem Sack: Es wird um die Aufarbeitung des Roswell-Ereignis gehen. In der Einleitung wird die Ausgangsbasis des Themas durch die Autoren als »Roswell-Absturz = Synonym für Vertuschung und Täuschung« dargestellt, eine Verschlusssache höher als die Macht der amerikanischen Präsidenten. Und man findet die Ankündigung einer spannenden Lektüre: »Als Enthüllungsautoren sind wir zuversichtlich, genug Indizienbeweise erbracht zu haben, um jeden Gerichtssaal als Sieger zu verlassen…« (S.17), und weiter auf der Seite 19: »Halten Sie sich bereit! Der UFO-Tresor steht kurz davor, geöffnet zu werden.«

Nennenswert benutzte Stilmittel und Vorgehensweisen:

• suggestive Formulierungen (Beispiel S. 42 im Text zu einer Gebäudeabbildung »Gebäude 18 in Wright-Patterson, wo geborgene UFO-Wrackteile jahrelang gelagert wurden«, Hervorh. d. Rez.)

• Die volle Beweislast für Tatsachen, die wenig in Frage stehen (Beispiel S. 46 »In einer 1996 unterschriebenen und notariell beglaubigten eidesstattlichen Versicherung hatte Robert L. Marshall Jr. […] erklärt, dass sowohl sein Vater als auch sein Großvater […] auf der Wright-Patterson Air Force Base gearbeitet hätten«, Hervorh. d. Rez.).

• Dinner for one – oder »alle Zeugen sind bereits tot« (oder waren zu schützen): Die Söhne, ein guter Freund, »unsere Quelle«, »Wie zur damaligen Zeit zum Schutz seiner Quellen üblich, verschwieg Stringfield die Namen sowohl des Offiziers der Army als auch seines Freundes«, »Henderson, der 1986 verstarb, sagte seiner Frau…«, die Freundin hört ein Gespräch des Ehepaares, wobei der Mann indirekter Zeuge (Mitglied der Sicherheitsmannschaft, in der etwas erzählt wurde) war, der Vater vertraut der Tochter die Geheimnisse an, ein zuverlässiger Informant (in einem Raketenprogramm tätig)…

• Beweise, die keine sind (Beispiel S. 49: »…auf seinem Totenbett […] stellte sein Sohn […] die Frage »Papa, sind wir im Universum die Einzigen?« […] »sah mich mein Vater mit festem Blick in meine Augen an, wobei er mit leiser und überzeugender Stimme zu verstehen gab: »Mein Sohn, wir sind nicht allein« […] »Mein Vater hat mich niemals angelogen«, S.272: »Und auch nach 66 Jahren hat sich bis heute noch kein einziger Zeuge der Ereignisse von 1947 gemeldet, um gegenteilige Beweise zu liefern«)

• keine essenziellen, neuen Aspekte

• Widersprüche bzw. fehlende Aufklärung und Ordnung der abweichenden Angaben (S. 53 »In Utah werden bei uns fünf Außerirdische (aufbewahrt)«, S.121 in Ohio sind es vier, S. 123 sind es zwei, mal sind sie gefroren, dann in Glasvitrinen und stinken, dann liegen sie auf einer Palette unter einer Plane, dann im Plural: »Die Air Force lässt auf Wright-Patterson kleine Kerle einfach verschwinden«, zwei tote kleine Männlein in Eiskisten, ein Wesen wird bei Experimenten getötet).

• Einige Zeugen kamen – obwohl höchste Geheimhaltung angenommen wird – mit der Leichtigkeit eines Touristen an Blicke auf das UFO bzw. der Leichen (ein Militärfotograf, eine Gruppe wissbegierige Offiziere, Beschäftigte zur Gebäudewartung und –erweiterung, ein Zahntechniker begutachtet einen Kieferknochen, der in Wright-Patterson bewahrt wurde).

Cover der Originalausgabe

• zu Guttenberg könnte noch lernen – Kapitel 13 als Beispiel ist mit seinen 15 Seiten aus 37 referenzierten (teils direkt als wörtliches Zitat entnommen und gekennzeichnet) Stücken zusammengesetzt. Die Fußnotenziffern weisen darauf hin und werden unter »Anmerkungen« pro Kapitel der Quelle zugewiesen. Quellenangaben-Beispiele: (1) Sappho Henderson, telefonische Interviews 1990, 2010 (Videoband); (2) Thomas J. DuBose, persönliches Interview, 1991 (Videoband); (3) Telefaxmitteilung von Percy Wyly vom FBI-Büro Dallas, Texas, an das FBI-Büro in Cincinnati, Ohio, und an den FBI-Direktor, 8. Juli 1947; (4) John Kromschoeder, Recollections of Roswell II… keine einschränkenden Angaben von Band oder Seite, die Quellen werden nicht genauer unter »Literaturverzeichnis« wiederholt. Zunächst liest der Leser über die zusammengesetzten Textstücke hinweg, als wenn die Autoren durchgängig und persönlich von ihren Recherchetätigkeiten berichten. Das in den Formulierungen benutzte kollegiale »uns« meint eben oft »unsere UFO-Gemeinde« oder »was in unserer UFO-Literatur berichtet wird«. Es ist für den Leser damit kaum nachvollziehbar, aus welcher Passage der Quellen genau etwas stammt, nachzuprüfen auf »sinnhaft entlehnt« lässt sich das darüber hinaus gar nicht.

• Wer hält denn geheim? S.204 »…innerhalb von 24 Stunden nach unserem Fund wusste jedermann von Truman bis ganz unten, dass das, was wir gefunden hatten, nicht von dieser Welt stammen konnte«. Die Passagen des Buchs decken nur die Geheimhaltung einiger Militärgeneräle gegenüber der Öffentlichkeit, der Politik und der angeworbenen Mitarbeiter (am Beispiel Hynek, der angeblich die Fakten ausgewählt zugeteilt bekommt) ab, differenziert und vollständig werden die Rollen z. B. des Nachrichtendienstes nicht betrachtet. Eine der Darstellungen der Wissenden ist im Kapitel 13 skizziert: General Ramey → (per Kommandokette) an General Eisenhower; letztlich beteiligt: höhere Ränge des Nachrichten- und Geheimdienstes, das Präsidialamt, das Verteidigungsministerium; ein geheimer Ausschuss in Washington regelt die heiklen UFO-Informationen.

• Zeugen und Personen wie Hynek werden mystifiziert bzw. mit magischem Denken verbunden (Beispiel: Hynek kam mit Erscheinen eines Kometen zur Welt und ging beim nochmaligen Erscheinen mit diesem – Kapitel 15).

• Die eingefügten Dokumente sind ein Witz (ein Dokument im Status »SECRET« über die Einstufung von UFOs des Militärs – was wir bereits tausendfach gelesen haben und einige Einstellungsanträge von Hynek; hier werden leichte Schlampigkeiten des Lektorats oder der Kontrolle des Probedrucks sichtbar beim Einkopieren der Unterlagen; diese werden nicht ins Deutsche übersetzt; S. 82 ein nichtssagendes Fragment eines Forschungsberichts zu Nachbildungsversuchen des Materials (des UFOs).

Wie bei der Erstellung der Rezension selbst erfahren, ist das Buch sehr unübersichtlich. Möchte man auf gewisse Aussagen oder Formulierungen und Zitate zurückkommen, findet man sie kaum wieder. Das Buch fällt bezüglich »wissenschaftlichem Handwerk« komplett durch. Man hat keinen nachprüfbaren und vor Dritten glaubwürdigen Beweis des UFO-Roswell-Absturzes oder der tatsächlichen Lagerung dessen Teile. Alter Schnee vorhandener Literatur wird um die – ebenso nicht überzeugenden – Aussagen von neuerdings Verstorbenen erweitert. Das Buch dürfte den UFO-Kritikern zuspielen, bietet es doch ein denkbar schlechtes Beispiel von Recherche und literarischer Aufarbeitung von UFO-Fällen.
Klaus Felsmann

 

336 Seiten, gebunden, Abbildungen, Register, ISBN 978-3864452246, 19,95 €
Kopp Verlag
www.kopp-verlag.de
Rottenburg a. N., 2015

 

Originalausgabe:
Thomas J. Carey & Donald R. Schmitt
Inside the Real Area 51
The Secret History of Wright Patterson
The Career Press, 2013

 

Quelle: JUFOF Nr. 223, 1/2016: 28 ff