Walter Andritzky: Pilotensichtungen und UFO-Detektion im cislunaren Raum

Mit einem Vorwort von Illobrand von Ludwiger

Buchneuveröffentlichungen zur UFO-Forschung aus den Reihen Deutscher UFO-Forscher sind in den letzten Jahren rar geworden. Aus diesem Grund verdienen die wenigen Veröffentlichungen, die erscheinen, auch eine gewisse Beachtung, zumal sie uns helfen, über den Tellerrand zu sehen und die Forschungsaktivitäten der KollegInnen wahrzunehmen und zu diskutieren.

In diesem Fall hat der Psychiater Dr. Walter Andritzky von der MUFON-CES ein Buch vorgelegt, das sich mit UFO-Sichtungen von Piloten beschäftigt.

Betrachtet werden hierbei sowohl historische Fälle in Form von Fallsammlungen, als auch die Ergebnisse einer eigenen empirischen Studie und eine Einordnung der Fragestellung durch eine Darstellung der rechtlichen und technischen Verfahren der Luftraumüberwachung.

Das Buch leitet ein mit einer Betrachtung historischer Fälle von UFO-Sichtungen durch Piloten. Hier wird der Bogen gespannt von Sichtungen aus der Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs (Foo-Fighter), über Kenneth Arnolds »Initial-Sichtung«, die die moderne Ära der Fliegenden Untertassen einleitete, bis hin zu einer Reihe modernerer Fälle, zu denen auch ein durch die GEP ermittelter Fall gehört, bei dem es zu einer Fast-Kollision eines Bundeswehrhubschraubers mit einer grünen Lichterscheinung kam.

Im Anschluss daran stellt Andritzky die Ergebnisse einer eigenen Pilotenbefragung dar, die er von 2018 bis 2020 vorgenommen hat. Hierzu bediente er sich des Netzwerks XING und verschickte insgesamt 2.352 selbst erstellte Fragebögen an dort registrierte Militär- und Zivilpiloten. Der Fragebogen bezieht sich auf Erfahrungen und Einstellungen der PilotInnen zum Thema UFOs und es werden sauber der Rücklauf und die entsprechenden Statements dargestellt.

In dem Rücklauf befinden sich 14 selbsterlebte und 7 fremderlebte UFO-Sichtungen, die zwischen 1977 und 2018 stattfanden und allesamt zitiert werden. 19 TeilnehmerInnen der Rückläufe zweifeln an UFOs als anomales Phänomen und auch deren Statements werden wiedergegeben.

Neben des Abdrucks des Fragebogens, geht es im Folgenden dann um kontextuelle Fragen der Flugsicherung in Zusammenhang mit UFO-Erscheinungen. Meldewege und Meldegrenzen werden erläutert, ebenso wie Organisation und technische Ausstattungen.

Andritzky beschäftigt sich außerdem mit Radartechnik und Radardetektionen, ebenso wie mit Astronauten-Sichtungen von UFOs und zitiert hier auch entsprechende Fälle aus der Literatur. Er ist überzeugt davon, dass technische UFO-Detektion eine wegweisende Richtung der UFO-Forschung darstellen kann und plädiert hier für entsprechend geschulte ForscherInnen und Kooperationen, um den Erkenntnisgewinn voranzutreiben.

Das Buch hat mir insgesamt gut gefallen. Walter Andritzky hat sich einem klar umrissenen Fragenkomplex rund um das UFO-Thema angenommen und dieses umfangreich recherchiert und dargestellt. Eine eigene Datenerhebung, die auch transparent wiedergegeben wird, rundet diese Recherchen zusätzlich ab.

Allerdings sind mir auch einige Aspekte aufgefallen, die ich kritisch bewerten möchte.

Dies beginnt bei der Fallauswahl. Andritzky zitiert eine Reihe historischer UFO-Fälle im Zusammenhang mit Pilotensichtungen, doch wird hier nicht klar, nach welchen Auswahlkriterien diese zusammengestellt wurden.

So fehlt zum Beispiel der historisch bedeutende Fall Mantell 1948, der mit seinem P-51 am 7.1.1948 bei der Verfolgung eines vermeintlichen UFOs (vermutlich einem Skyhook-Stratosphärenballon) abstürzte und ums Leben kam. Ist das ein Hinweis darauf, dass wahrscheinlich geklärte Fälle nicht mit aufgenommen wurden?

Gleichzeitig wird allerdings auch ausführlich der von Kenneth Arnold recherchierte Maury-Island-Fall von 1947 geschildert, ohne, dass dieser dann kritisch beleuchtet wird, obgleich hier eines für einen Betrug spricht.

Bzgl. der von Andritzy erhobenen Daten hätte ich mir außerdem eine umfangreichere inhaltliche Auswertung und Analyse gewünscht. So konnten zwar sehr interessante Daten gewonnen werden, eine qualitative Analyse unter bestimmten Forschungsfragen steht jedoch aus.

Auch fallen hier gewisse Diskrepanzen zwischen späteren Aussagen Andritzkys und den Rückmeldungen auf. So betont er, dass Piloten außergewöhnlich geschulte Beobachter sind (S. 76) (was impliziert, dass Pilotensichtungen von einer herausragenden Qualität sind, weil das Verwechslungsrisiko mit konventionellen Stimuli gering ist). Gleichzeitig findet sich in den Rückmeldungen jedoch auch folgende Aussage eines Piloten, der eine startende Sojus-Rakete über Sibirien beobachtete, dass er diese nur identifizieren konnte, weil er zuvor von dem Start gelesen hatte und schreibt weiter: »Der ein oder andere Unwissende hätte die Rakete sicher als UFO eingestuft.« (S. 46) Ein weiterer Pilot weist daraufhin, dass bei potenziellen Sichtungen durch KollegInnen auch »Faktoren wie Übermüdung, Sauerstoffmangel, Kontaminationen der Atemluft oder Medikamentenmissbrauch« als mögliche Beeinträchtigungen der Beobachterqualität zu berücksichtigen sind (S. 52).

Mir persönlich ist es zu pauschal, be stimmten Menschengruppen »gute Beobachterqualitäten« zu bescheinigen. Eine Vielzahl von Faktoren, sowohl in der Umwelt als auch in der Psyche von BeobachterInnen können hier erheblichen Einfluss nehmen. Nicht umsonst gibt es jährlich Jagdunfälle, weil JägerInnen Menschen oder Haustiere mit Wild verwechselten. Nicht umsonst kommt es vor, dass PolizistInnen, die bei einem komplexen Tatgeschehen zugegen sind, hier zu Fehlbewertungen kommen usw.

Menschen zu besonders geschulten Beobachtern zu erklären, bedeutet eine Abkürzung des Forschungsweges (es findet eine Vorabselektion statt), die sicher nicht hilfreich ist, möchten wir unsere Forschungen auf einen möglichst fundierten Boden stellen.

Das alles mindert allerdings nicht, dass Andritzkys Buch eine willkommene Bereicherung der deutschsprachigen UFO-Literatur dargestellt.

André Kramer ∗ ∗ ∗ ∗

Quelle: Kramer, André: Fliegende Untertassen in deutschsprachigen Presseberichten 1950. In: jufof: Journal für UFO-Forschung Nr. 252, 6-2020

199 Seiten, broschiert, illustriert, Din A 5, ISBN 978-3-95652-297-0, Preis 15,90 €

Ancient Mail Verlag
www.ancientmail.de
Groß-Gerau, 2020

Quelle: JUFOF Nr. 255, 3/2021: 126 ff

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