Arthur M. Lahn: Was Sie schon immer über Aliens wissen wollten und bisher nicht zu fragen wagten

Was zunächst auffällt, ist die ausgefallene grafische Gestaltung des Buches. Besonders wichtige Textstellen sind wie mit einem Textmarker rot markiert. So wird auf Anhieb deutlich, was dem Autor wichtig erscheint, wirkt sich aber auf den Leser u. U. störend aus. Das Rot ist in dem Buch stark vertreten, insbesondere bei den ganzseitigen Kapitelüberschriften. Auf ein Vorwort in weißer Schrift auf rotem Untergrund hätte der Verlag aber durchaus verzichten können. Großformatige Bilder der Illustratorin Romina Birzer werten den ungewöhnlichen optischen Eindruck auf. Allerdings wären richtige Fotos und Abbildungen informativer gewesen. Über den Autor Arthur M. Lahn wissen wir so gut wie nichts. Vermutlich ist es auch nur ein Pseudonym.

Der Autor versucht sich dem Thema Aliens (er nennt es den  „Alien-Komplex“) zu nähern, indem er 30 Fragen zu beantworten versucht, die wir „bisher nicht zu fragen wagten.“ Dabei ist keine eindeutige Linie zu erkennen. Die in den Fragen angesprochenen Themen werden wahllos zusammengestellt. Dabei wird aber auch deutlich, dass sich der Autor bereits eine feste Meinung zum Alien-Komplex gebildet hat und eben nicht, wie in einem Verlagsprospekt angegeben, „offen und vorurteilsfrei“ vorgeht.

Das fängt schon im Vorwort an, in dem er den 89-jährigen Haim Eshed, langjähriger Leiter des israelischen Weltraumsicherheitsprogramms, zitiert. Dieser behauptet nämlich, dass die Außerirdischen bereits Kontakt zu Israel und den USA pflegen und im Rahmen einer „Galaktischen Föderation“ mit den Staaten zusammenarbeiten. Für diese Behauptung liegen ebenso keine Beweise vor wie für die ähnlichen Behauptungen des im letzten Jahr im Alter von 98 Jahren verstorbenen ehemaligen Verteidigungsministers Kanadas, Paul Hellyer. Er wurde offenbar von dem Autor interviewt. Darin ging Hellyer auch auf die „laute Stille in Deutschland hinsichtlich des Alien-Komplexes“, so vom Autor formuliert, ein. Laut Hellyer werden in der Antarktis unter Beteiligung von Deutschen auch heute noch „UFOs gebaut“ und damit das All bereist. Auf dem Mars soll es einen unterirdischen Stützpunkt geben. Auch sonst scheint Hellyer an alle Mythen geglaubt zu haben, die die Verschwörungsszene bzgl. der UFO-Thematik hervorgebracht hat.

Im Folgenden stellt sich Arthur M. Lahn die Frage, welche Indizien den Roswell-Mythos nähren. Das lässt auf eine kritische Würdigung der sogenannten Indizien hoffen. Allerdings wird der Leser auch hier enttäuscht. Stattdessen werden beispielsweise die Aussagen des höchst umstrittenen vermeintlichen Zeitzeugen Philip J. Corso zitiert, der als Lügner überführt worden ist.

Und so zieht sich der Stil von Lahn durch das ganze Buch. Es werden von ihm zahlreiche Aspekte der Alien-Thematik behandelt, viele Aussagen beteiligter Personen, insbesondere aus der Disclosure-Bewegung, zitiert, Kernaussagen von Verschwörungstheorien präsentiert u. v. m. Das Fragespektrum reicht von „Was sahen Astronauten auf dem Mond?“, „Werden Menschen von Aliens entführt?“, „Wie kommunizieren Außerirdische?“, „Welche Spezies sollen bereits auf der Erde sein – und warum?“ über „Ist der Kunstbetrieb Teil eines offiziellen Alien-Narrativs?“ bis hin zu „Unterstützen Aliens die USA beim Aufbau einer Weltraumflotte?“ und „Tragen wir Alien-DNA in unseren Genen?“. Interessant ist das Interview mit Erich von Däniken, der vom Autor nach dem stärksten Hinweis auf einen außerirdischen Besuch auf der Erde gefragt wird. Für mich unerwartet hält von Däniken die Linien von Nazca in Peru für den schlagkräftigsten Indizienhinweis, die er bereits in seinem ersten Buch „Erinnerungen an die Zukunft“ 1968 gegenüber den interessierten Lesern (zu denen damals auch ich gehörte) erwähnt hat. Damals, in den ersten Auflagen, noch ohne Bildmaterial.

Zur Frage „Warum ist es in Deutschland so still um das UFO-Thema?“ werden am Rande zwar die drei deutschen UFO-Gruppen und unsere UFO-Datenbank erwähnt. Eine Betrachtung der deutschen Szene findet jedoch nicht statt. Auch in diesem Kapitel driftet der Autor wieder in den Bereich der Verschwörungstheorien ab und behandelt stattdessen lieber die angeblichen deutschen Flugscheiben-Entwicklungen und die Gerüchte um Reichsflugscheiben und die vermeintliche Antarktis-Station.     

Beim Lesen des Buches gewinnen sicherlich viele uninformierte Leser den Eindruck, als würde Lahn aus der Sicht eines Außenstehenden viele wichtige Punkte in der Diskussion um Aliens und das UFO-Phänomen sachlich wiedergeben. Das gelingt auch in der einen oder anderen Fragestellung, beispielsweise dann, wenn er den Soziologen Michael Schetsche zur Frage, was Soziologen bei einem Erstkontakt empfehlen, zitiert. Aber ansonsten ist es doch eher ein Sammelsurium an wiedergegebenen unreflektierten Behauptungen und wilden Verschwörungsinhalten.

Für das Nachwort hat der Autor dessen Freund Uri Geller gewinnen können. Dieser fordert uns anhand des vorgelegten Materials und aufgrund seiner Erfahrungen mit dem UFO-Phänomen und eigenen Sichtungen auf, dass wir uns gegenüber dem „neuen Kosmos“ öffnen sollen. Das würde uns „viele neue Möglichkeiten bieten“.

Von dem Buch bin ich ein wenig hin und her gerissen. Auf der einen Seite ist es brauchbar, weil es die Argumente, die in der UFO-Szene immer wieder angeführt werden, in einer gesammelten Form präsentiert. Der Inhalt ist auch angenehm zu lesen, der Schreibstil als solcher gut. Allerdings werden kritische Argumente vom Autor weitgehend ignoriert und das Material nicht ausreichend reflektiert. Der Themenneuling erhält sicherlich eine spannende Lektüre. Ob sich dieser jedoch mit den ganzen Verschwörungsinhalten und wilden Behauptungen ausgewogen informieren kann, ist m. E. fraglich. So gibt es noch statt der zwei Sterne für die hochwertige Ausstattung des Buches und sein ungewöhnliches Design einen weiteren halben Stern.

Hans-Werner Peiniger   

256 Seiten, geb., ill., ISBN 978-3-96509-045-3, Hardcover mit Lesebändchen, Preis: 24,00€(eBook, Preis: 18,99 €)

Golkonda Verlag / Europa Verlage GmbH
golkonda-verlag.com
München, 2021

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Quelle: JUFOF Nr. 262, 4/2022: 121 ff