Glaubensfrage oder Realität?
Letztes Jahr erschien überwiegend zu aktuellen UFO-Themen ein wahrer Wälzer: 478 Seiten stark, 20,7 x 3,5 x 25,7 cm groß und fast 1,7 kg schwer. Der Verlag bezeichnet das Buch als das umfassendste Buch über das UFO-Phänomen. Fünf Jahre hätten der Hauptautor Allan Crombroke und Co-Autor Jürgen Schmitz recherchiert. Allerdings kennt man die Autoren in der Szene nicht. Beide sind meiner Wahrnehmung nach vorher nicht im UFO-Kontext in Erscheinung getreten, haben weder etwas veröffentlicht noch haben sie sich jemals öffentlich zum Thema geäußert. Da stellt sich die Frage, was sie eigentlich recherchiert haben.
So wie ich das sehe, haben sich die Autoren ins Internet gestürzt und die UFO-Informationen, die sie dort fanden, gesammelt und zu einem Buch zusammengeschustert. Nach kurzen historischen Betrachtungen werden hauptsächlich die aktuell diskutierten Themen angesprochen. Insbesondere dass das Stigma gefallen ist und sich nun offizielle Stellen mit UFOs oder UAP beschäftigen. Dabei ist ihr Blick hauptsächlich in die USA gerichtet, da von dort aus auch die meisten Veröffentlichungen ins Internet gestellt werden. Thematisch begegnet uns alles Mögliche, die bekannten UFO-Begriffsdefinitionen, Entführungen, eine Bewertung der „skurrilen Welt der UFO-Anhänger“, Methoden der Geheimhaltung, Area 51, Bob Lazar, historische Sichtungen, ein ganzes Kapitel mit Zitaten „ernstzunehmender Zeitzeugen“ usw. Aber immerhin erwähnen die Autoren auch auf vier Seiten die „Organisationen, die sich in Deutschland ernsthaft mit dem Thema beschäftigen“. Hier wird schon deutlich, dass die Recherchen etwas oberflächlich erfolgten. Genannt wird die MUFON, womit die große amerikanische Muttergesellschaft gemeint ist. Hier in Deutschland existiert jedoch der von der Mutter unabhängige eingetragene Verein MUFON-CES. Genannt werden auch die DEGUFO, die quasi nur noch auf dem Papier existiert, die IGAAP und die GEP. Zur GEP zitieren die Autoren nur ein paar Textzeilen von ihrer Website und im Quellenverzeichnis werden keine Kontaktdaten oder Web-Adressen angegeben.
Auch sonst ist die nachlässige Recherche erkennbar und vor allem, dass kritisches Material offenbar völlig ignoriert worden ist. Eine wirklich ausgewogene Diskussion und Beurteilung des Materials findet nicht statt. Kein Wunder, dass sie am Ende zu einem wohlwollenden Fazit kommen. Aber sie haben wohl recht damit, dass das von ihnen zusammengetragene Material, die Nennung der wesentlichen Argumente der UFO-Befürworter und ihre eigenen Schlussfolgerungen den Leser dazu einladen, sich näher mit dem spannenden Thema zu beschäftigen. So ist aufgrund der Fülle des zusammengestellten Materials einiges verzeihbar, aber ganz bestimmt nicht die oberflächliche Bildauswahl. Beispiele gewünscht?
Gegenüber dem SR Fernsehen „Wir im Saarland – Kultur“ äußerte sich Allan Crombroke gegenüber dem Redakteur zu dem vermeintlichen UFO-Foto wie folgt: „Das Bild ist das Beste, das je von einem UFO freigegeben worden ist.“[1] Auf Seite 29 wird aus dem Foto ein Ausschnitt gezeigt und ebenfalls als das „wohl beste Foto eines UFOs“ bezeichnet.
Im November 2023 machte mich Andreas Müller von grenzwissenschaft-aktuell.de auf das Buch aufmerksam, wies gleich auf einige darin enthaltene Ungereimtheiten hin, darunter auch deren Bildauswahl, die mir beim ersten Durchblättern auch schon unangenehm aufgefallen war. Darunter das besagte Foto und dessen Ausschnitt.
Das Foto, das aus einer Reihe von 20 weiteren Aufnahmen stammen soll, ist nämlich ein bekanntes Bild, das gerne zur Illustration von Artikeln verwendet wird. Es handelt sich um ein künstlich erstelltes fotorealistisches 3D-Bild, dessen Lizenz zur Verwendung z.B. bei istockphoto.com für 9,- € erhältlich ist.[2]
Schon eine einfache Google-Bildersuche hätte zur Herkunft dieser Aufnahme geführt. Stattdessen haben die Autoren irgendwelchen dubiosen Quellen im Internet vertraut. Die im Buch angegebene Bildquelle whatsonkyev.com existiert nicht und die beim Ausschnitt angegebene Quelle astrosurf.com führt zu der Eingangsseite eines französischen Astronomie-Forums.
Die Domain becbe.com existiert nicht und steht zum Kauf an.
Seite 98, Zitat: „Die echte Originalaufnahme eines UFOs bei der Westhall Hochschule, Melbourne. (Quelle. vancouver.citynews.ca)“. Schon beim Besuch der Quelle wird die Herkunft des Fotos deutlich: „UFO in flight above an urban park. (Getty Images Stock Photo)“.[4] Auch hier handelt es sich um eine digital erstellte Illustration.[5]
Tatsächlich handelt es sich weder um ein Foto eines UFO-Absturzes noch um eine Fälschung. Es ist ein Szenenfoto und zeigt eine Absturzszene in der Episode Death Ship der TV-Serie The Twilight Zone,[6] deren Erstausstrahlung am 7.2.1963 war. In Deutschland lief die Folge aus der 4. Staffel unter dem Titel Raumschiff des Todes.
Es ist kein Bild aus einem „möglicherweise gefälschten“ Film, sondern er ist gefälscht, wie man schon seit Jahren weiß. „Hervorragende Recherchen“ der beiden Autoren lassen sich auch hier nicht erkennen. Sogar die von den Autoren angegebene Bildquelle verweist auf einen Schwindel.[7]
Auch hier handelt es sich eher um ein Symbolbild, das eine militärische Aufnahme von einer Fliegenden Untertasse mit Kuppel suggeriert. Dieses Bild wird im Internet immer wieder mal verwendet. Aber selbst bei der genannten Quelle TTSA (To The Stars Academy of Arts & Science) ist das Originalvideo, das sogenannte „GIMBAL“-Video aus dem Jahre 2015, zu finden. Und das zeigt keine Fliegende Untertasse.[8] Und selbst auf der Buchcover-Rückseite wird das korrekte Bild gezeigt. Was soll das?
Die als Quelle genannte Domain topsecretwriters.com gibt es wieder nicht und steht zum Kauf an. Hat das in dem Buch Methode? Auch sonst sind die Quellen nicht genau angegeben, oftmals nur die Hauptdomain ominöser Seiten. Das erschwert weitere Recherchen und Überprüfungen erheblich. Ist das beabsichtigt?
Die Leser werden auf der Cover-Rückseite eingeladen, selbst die Position der Autoren zu prüfen. Jedoch wird von den Autoren im Fließtext des Buches nichts belegt. Im Anhang findet sich ein Quellenverzeichnis, das jedoch dafür nicht ausreicht und völlig unvollständig erscheint. Viele Quellen beziehen sich auf Online-Pressemeldungen.
Sie selbst schreiben, dass die „bei weitem überwiegende Mehrzahl der Informationen in diesem Buch aus persönlichen Gesprächen mit unseren eigenen Quellen“ stammen, machen das aber in dem Buch nicht kenntlich, und angesichts der Inhalte fällt mir auch schwer, das zu glauben. Ich habe jedenfalls nichts in dem Buch gefunden, was über Materialfunde im Internet hinausgeht.
Nach Durchsicht des Buches (ich habe nicht alles gelesen, da mir fast alle Inhalte bekannt sind) fällt mir ein Fazit schwer. Grundsätzlich ist es begrüßenswert, wenn das aktuelle UFO-Material zusammengefasst und in einem Buch aufbereitet wird. Es ist auch gut, wenn die Autoren eigene Schlüsse daraus ziehen und ihre Leser daran teilhaben lassen. Aber wenn mir schon so viele offensichtliche Fehler ins Auge springen, dann ist es schwer, hier noch eine positive Würdigung vorzunehmen oder es zu empfehlen.
Hans-Werner Peiniger ∗ ∗ ∗ ∗ ∗
478 S., br. Ill., Quellen, ISBN: 978-3949983238, Preis: 39,80 €
Geistkirch Verlag
www.geistkirch.de
Saarbrücken, 2023
[1]www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=134437
[2]www.istockphoto.com/de/foto/au%C3%9Ferirdischesraumschiff-auf-der-erde-gm666735176-121565591
[3]https://www.imdb.com/title/tt27048007/mediaviewer/rm1695167489/?ref_=tt_ov_i
[4]https://vancouver.citynews.ca/2023/06/15/canada-world-serious-ufos/
[5]https://www.gettyimages.de/detail/foto/in-flight-above-urban-park-lizenzfreies-bild/BD0513-001
[6]https://www.youtube.com/watch?v=VBn9tEcol6o
[7]https://www.relativelyinteresting.com/do-ufos-and-aliens-exist-20-reasons-to-be-skeptical/
[8]https://www.youtube.com/watch?v=tf1uLwUTDA0
Quelle: JUFOF Nr. 273, 3/2024: 83 ff
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