Andreas Müller: Deutschlands historische UFO-Akten

Andreas Müller hat vor zwei Jahren mit seinem Buch „Deutschlands UFO-Akten“ Aufsehen innerhalb und auch außerhalb der UFO-Szene hervorgerufen. Sicherlich unter­stützt durch das derzeitige mediale Klima, in dem UFOs/UAPs eine ernsthaftere Beach­tung finden, als dies in der Vergangenheit der Fall war, gelang es dem über Books on Demand verlegten Buch, eine große Leser­schaft zu erreichen. Das ist in Bezug auf UFO-Literatur seit den 2000er Jahren alles andere als selbstverständlich.

Nun meldet sich Müller mit einem neuen Werk zurück, das er ebenfalls über BoD ver­öffentlicht hat und sich nun historischen Fällen widmet, die alten Chroniken und Journalen  entnommen sind und dabei eine Zeitspanne umfassen, die vom Frankenreich unter Karl dem Großen bis ins ausgehende 19. Jahrhundert reicht. Wir betrachten hier also Sichtungen außergewöhnlicher Him­melserscheinungen aus Zeiten, lange bevor Begriffe wie Fliegende Untertasse, UFO oder UAP geprägt waren. Müller konzentriert sich hierbei ausschließlich auf Fälle aus dem deutschsprachigen Raum.

Das Buch stellt vor allem eine chronolo­gische Fallsammlung dar. Auf Vollzitate der Originalquelle, die auch immer abgebildet wird (entnommen zumeist digitalisierten Online-Archiven), folgt immer eine Diskus­sion des Falls inkl. möglicher Erklärungen bzw. Begründungen, weshalb Müller diese Fälle als ungeklärt einstuft. Hierbei werden auch kulturhistorische Aspekte wie be­stimmter Sprachgebrauch und Glaubensan­sichten in die Diskussion mit einbezogen.

Dr. Ralf Bülow, der bereits in Müllers Vorgängerbuch mit Gastbeiträgen vertreten war, übernimmt hier auch wieder einige Fallbesprechungen.

Im Anhang präsentiert Müller noch eine Reihe zweifelhafter historischer UFO-Fälle, denen man zuweilen in der Literatur begeg­net. Gefreut habe ich mich über den Hin­weis auf die in Daniel Kehlmanns Roman „Die Vermessung der Welt“ beschriebene angebliche UFO-Sichtung Alexander von Humboldts auf seiner Orinoko-Expedition. Auf die entsprechende Passage war ich sei­nerzeit auch gestoßen, fand, als Humboldt-Fan, aber keine Entsprechung hierzu in Humboldts Schriften, sodass ich hier schon immer von einer fiktionalen Beschreibung durch Kehlmann ausging. Andreas Müller wollte auf Nummer sicher gehen und hat bei dem Autor einfach nachgefragt und die Bestätigung erhalten, dass es sich um eine frei erfundene UFO-Sichtung handelt.

Interessant ist auch, dass Müllers Buch einhergeht mit der in Berlin gezeigten Aus­stellung „UFO 1775 – Luftschlacht über Stralsund“, die sich, unabhängig von Mül­ler, ebenfalls mit einem historischen Fall beschäftigte, der im hier besprochenen Buch natürlich auch enthalten ist.

Mehr noch als sein Vorgänger, ist Müllers Buch vor allem als Fallsammlung zu sehen. Viele Fälle waren bereits aus anderen Publi­kationen bekannt, man denke an das Flug­blatt von Basel 1566, aber hier haben wir erstmals eine stringente Sammlung derarti­ger historischer Fälle für den deutschspra­chigen Raum vor uns. Derartige Fallsamm­lungen sind in meinen Augen immer sehr zu begrüßen, und vor allem zeigt diese auf bzw. bestätigt, was man eigentlich intuitiv bereits wusste: Menschen haben schon immer Dinge am Himmel gesehen, die sie sich nicht erklären konnten und deshalb in ihr bestehendes Glaubenssystem integrier­ten. Wo heute Außerirdische an vorderster Front angenommen werden, waren es frü­her Wunderzeichen und Omen.

 Müllers Fallsammlung zeigt auch, dass, ähnlich wie heute, die beschriebenen Er­scheinungen und Objekte eine große Hete­rogenität in Form und Flugverhalten aufwei­sen. Besonders interessant, da außerge­wöhnlich in seiner Erscheinung, ist ein Fall vom April 1826 in Saarbrücken. Dieser Fall ist uns leider nur noch durch einen Aufsatz in den „Annalen der Physik“ erhalten, der die Sichtung beschreibt. Auf krachende Ge­räusche hin näherten sich den Zeugen zwei blecherne Scheiben, die vor ihnen zu Boden fielen, nachdem sie sich zusammengerollt hatten, um sich dann nach etwa einer Mi­nute wieder unter lautem Krachen zu erhe­ben und davonzufliegen.

Ein wirklich bizarrer Fall, zu dem mir im Moment keine moderne Entsprechung ein­fällt.

Müllers Buch liest sich gut und zügig. Die reine Textmenge ist, verglichen mit seinem Vorgänger, deutlich reduziert und so hätte ich mir, als kleiner Kritikpunkt, noch eine vergleichende Analyse zu den Fällen ge­wünscht, in der Ähnlichkeiten und Unter­schiede herausgearbeitet werden. Derartige komparative Analysen können uns ggf. helfen, ein anderes Verständnis zu erlan­gen: Phänomen oder Phantomphänomen ist für mich die Frage. Gehen derartige Sich­tungen auf gleiche Ursprünge zurück oder sind UFOs nur ein Sammelbecken heteroge­ner Phänomene?

Darüber hinaus ist das Buch jedoch sehr empfehlenswert und so würde ich, wegen des oben genannten kleinen Mangels, 4 von 5 Sternen vergeben.

André Kramer ∗ ∗ ∗ 

262 S. br., ill., ISBN-13: 9783757806866, Preis 22,95 €

BOD – Books on Demand
Norderstedt, 2023

Hier erhältlich: *

Quelle: JUFOF Nr. 270, 6/2023: 186 ff

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