Nick Pope, John Burroughs & Jim Penniston: Das UFO vom Rendlesham Forest

Die Insider-Geschichte des am besten dokumentierten UFO-Vorfalls der Welt

Wenn man eine Liste der bekanntesten UFO-Vorfälle erstellen würde, dann würde neben dem übermächtigen Roswell, der Ini­tialsichtung von Kenneth Arnold und der belgischen UFO-Welle höchstwahrscheinlich auch die Sichtung, besser gesagt die Sich­tungen, über dem und im Rendlesham Fo­rest im Dezember 1980 erwähnt werden.

Das Besondere an diesem Ereignis sind zum einen die vielen Berichte aus zum Teil öffentlichen/militärischen Quellen, die zwar weiterhin die Frage offenlassen, was, aber tatsächlich nicht, dass etwas gesehen wurde. Zum anderen ist es der Zeitpunkt der Sichtungen, denn ein Jahr zuvor waren sowjetische Truppen in Afghanistan einmar­schiert und hatten den Kalten Krieg zurück auf die Tagesordnung gebracht, eine Ent­wicklung, die sich durch die Wahl Reagans zum US-Präsidenten nur einen Monat vor den Sichtungen noch verschärfte. Schließ­lich spielte auch der Ort der Sichtungen eine zentrale Rolle, befindet sich der Rendlesham Forest doch zwischen den so­genannten Zwillingsbasen: zwei ehemali­gen, 1980 aber aktiven Militärflugplätzen namens Woodbridge und Bentwaters, wel­che sich zwar in Großbritannien befanden, jedoch von der US-Luftwaffe genutzt wur­den.

Bei dem oft sogenannten Vorfall oder Zwischenfall im Rendlesham Forest handelt es sich eigentlich um zwei getrennte Ereig­nisse, am 26. und am 28. Dezember 1980. Die beiden Co-Autoren Burroughs und Pen­niston waren hierbei Zeugen des erstge­nannten. Hierbei wurden Lichter gesehen, die im Wald niedergingen, und da man zu­nächst vermutete, es könne sich um einen Flugzeugabsturz handeln, wurde der lei­tende Sicherheitsoffizier Penniston losge­schickt, sich die Sache näher anzusehen, auch wenn sie sich nicht auf dem Territo­rium der US-Luftwaffe abspielte. Begleitet wurde Penniston von zwei Soldaten, von denen einer Burroughs war.

Es handelte sich bei dem Objekt, wel­chem die beiden Co-Autoren am Ende ge­genüberstanden (die dritte Person war zur Aufrechterhaltung des Funkverkehrs zwi­schen der Basis und dem Erkundungstrupp auf halber Strecke zurückgeblieben) um ein dreieckiges Objekt, welches auf dem Boden stand. Es hinterließ im Nachhinein Abdrü­cke im Boden, bei deren Erkundung erhöhte Radioaktivität gemessen wurde. Zudem hatte das Objekt Schriftzeichen an der Au­ßenhülle, welche keiner irdischen Sprache zugeordnet werden konnten (der Verdacht fiel natürlich zunächst auf die Sowjets).

Erst später berichtete Penniston davon, dass er bei der Berührung des Objekts ei­nen Binär-Code übermittelt bekommen habe. Diesen verzeichnete er auch in einem seiner Polizeinotizbücher, welche er zu je­ner Zeit nutzte. Was dieser Code bedeutet, ist bis heute unklar, und während es zwar Deutungsversuche gab, auf welche im Buch auch eingegangen wird, stellen die Autoren dennoch klar, dass sie allen weiteren Inter­pretationen offen gegenüberstehen.

Während des zweitgenannten Vorfalls wurde die, in UFO-Kreisen bekannte, Ton­bandaufnahme des stellvertretenden Basis­kommandeurs Charles Halt aufgenommen. Diese ist auch in Gänze im Buch transkri­biert.

Auch wenn es um die tatsächliche Stel­lung bzw. das tatsächliche Aufgabengebiet von Pope während seiner Zeit im sogenann­ten UFO-Büro des Verteidigungsministeri­ums Großbritanniens mittlerweile Diskussi­onen gibt, so kann dieser dennoch viele in­teressante Geschichten mit einbringen, welche Zusammenhänge und Taktiken bes­ser verständlich machen. So sieht man sich damit konfrontiert, dass viele UFO-Untersu­chungen scheinbar auf halboffiziellen We­gen erfolgen, oft getarnt durch Unterneh­men, welche von ehemaligen hochkarätigen Militärs oder Geheimdienstlern geführt wer­den, deren alte Seilschaften, Verbindungen und Netzwerke aber weiterhin intakt sind. Dies führt dann dazu, dass bei Abfragen nach Akteneinsicht durch UFO-Forscher oder Investigativjournalisten keine Akten gefun­den werden, ganz einfach, weil diese nicht durch Behörden angefertigt worden und somit entsprechenden Gesetzen nicht un­terworfen sind.

Ein weiterer entscheidender Punkt in diesem speziellen Fall ist zudem die Zuwei­sung der Verantwortlichkeiten zwischen zwei Akteuren: Während die US-Luftwaffe außerhalb ihres Zuständigkeitsgebietes (in Form der beiden Militärbasen) auf briti­schem Boden ermittelte, da der Anfangs­verdacht eines Flugzeugabsturzes bestand, wird bei Nachfragen zum Vorfall seitens der US-Behörden auf britische Behörden verwie­sen, da sich die Vorfälle auf deren Boden zutrugen. Die Briten wiederum verweisen auf US-Behörden, da diese ja ermittelten.

Die beiden Co-Autoren, als Zeugen des ersten Vorfalls, kämpfen heute mit mut­maßlich durch das Objekt entstandenen ge­sundheitlichen Schäden, welche möglicher­weise durch die radioaktive Strahlung her­vorgerufen wurden. Ein kurioser Zufall, dass sich zur selben Zeit in den USA der be­rühmte Cash-Landrum-Vorfall ereignete, in welchem es ebenfalls um mögliche medizi­nische Probleme durch ein radioaktives Objekt ging.

Für den historisch am Umfeld der Sich­tungen interessierten Leser bietet das Buch ein Kapitel über die wichtigsten Stützpunkte der NATO. Besonders interessant sind zu­dem zwei Kapitel über skeptische und exo­tische Thesen. Hier wird sehr eingehend über unterschiedliche Erklärungsmuster in­formiert.

Diese reichen bei den skeptischen The­sen von psychischen Ursachen, wie dem Einfluss von Alkohol oder Drogen, der Wir­kung halluzinogener Pilze oder Halluzinati­onen, über natürliche, wie Meteore, bis zu technischen Ursachen wie Prototypen von Flugzeugen, Raketentests und Drohnen. Na­türlich dürfen auch drei in den letzten Jah­ren viel diskutierte Thesen nicht fehlen: nämlich die eines Leuchtturms und die ei­nes Gülle-Lkws sowie die, dass es sich um einen gezielten Test der Wachmannschaften gehandelt haben könnte.

Bei den exotischen Thesen geht es erwar­tungsgemäß um den Besuch von Außerirdi­schen, aber auch um andere Dimensionen, Parallelwelten und Zeitreisende.

Besonders interessant hierbei ist, dass die beiden Zeugen die extraterrestrische These nicht als die zwangsläufig wahr­scheinlichste ansehen. Vielmehr hat man den Eindruck, dass die Zeitreisen-These von den exotischen Thesen als wahrscheinlicher angenommen wird. Festlegen will sich von den Autoren aber niemand. Dies wird mehrfach sehr klar dargestellt.

Dies führt auch zu einem insgesamt po­sitiven Resümee: Was am Buch besonders positiv auffällt, ist die stets versuchte Neu­tralität, die Unvoreingenommenheit bzw. die Offenheit im Umgang mit den Fakten. Anders als vielleicht vermutet werden könnte, wird in diesem Buch keine be­stimmte These vertreten, sondern dem Le­ser viel Raum für eigene Interpretationen gelassen. Das Buch ist das beste Kompen­dium zum Vorfall und eine Bereicherung sachlicher Bücher zur UFO-Thematik in deutscher Sprache. Das einzige Manko ist vermutlich, dass das Buch erst nach 9 Jah­ren aus dem Englischen ins Deutsche über­tragen wurde und dass so einige Aspekte mittlerweile an anderer Stelle weiterführend diskutiert wurden und manche hier ur­sprünglich neu ins Rennen gebrachte The­men mittlerweile weitgehend bekannt sind.

Marius Kettmann, B.A. ∗ ∗ ∗ 

432 S., geb., 21 Abb., ISBN-13: 978-3864459023, Preis 22,99 Euro

Kopp Verlag
www.kopp-verlag.de
Rottenburg, 2023

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Quelle: JUFOF Nr. 270, 6/2023: 188 ff

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