The real story of the Nazi UFOs
Vol. 1
Das Gerücht um angebliche Nazi-Wunderwaffen in Untertassenform kam ein paar Jahre nach dem ersten Auftauchen der UFOs um 1950 zunächst in Deutschland, dann vor allem in den Vereinigten Staaten und Italien auf. Es war von Anfang an eingebettet in revanchistische Erzählungen.
Jüngst kam es geradezu zu einer sprunghaften Vermehrung von Büchern über den Mythos der Nazi-Untertassen, von eher populären (S. D. Tucker) zu wissenschaftlichen Werken (Wiechmann). Nun reiht sich Maurizio Verga in diese Serie ein, mit einem Buch, das von seiner jahrzehntelangen Forschungsarbeit profitiert.
Denn schon seit Jahren geht der italienische UFO-Forscher diesem Gerücht nach, und nun ist der erste (!) Band mit seinen Ergebnissen erschienen. Ein weiterer, der den Faden nach 1960 wieder aufgreift, soll in einigen Jahren folgen.
Das Buch, mit 316 Seiten im Großformat, platzt aus allen Nähten mit Details und Einzelheiten. Mit seiner Informationsfülle gleicht er eher einem ganzen Lexikon als einem Sachbuch. Das Buch ist aber durch ein Register gut zu erschließen – und hat das Zeug, zum Standardwerk zu werden.
Rund 20 Kapitel beschäftigen sich jeweils mit einer Person, die an der Ausformulierung des Mythos beteiligt war, jedem dieser Kapitel folgt ein Recap, eine Zusammenfassung, die sich oft alleine über 5 Seiten erstreckt. Verga kennt und behandelt detailreich jede Facette der Erzählung – ein ganzes Kapitel widmet sich beispielsweise Hitlers angeblicher Flucht nach Südamerika.
Weil das Buch so viele Infos enthält, möchte ich es hier bei einer kurzen Zusammenfassung des Inhaltes belassen:
Foo Fighter und Geheimwaffen / Geisterraketen / erste Behauptungen in Brasilien 1948 durch Josef Jacob Johannes Starziczny / erste deutsche Presseartikel: Weser Kurier am 10.03.1950 und Der Spiegel 30.03.1950 / Giuseppe Belluzzo / Widerlegung durch Hermann Oberth / Rudolf Schriever, dessen Behauptungen weltweit nachgedruckt werden / Meier / Schriever-Scheibe kurz zuvor als SF-Konzept in italienischen Tageszeitungen, basiert auch auf Mallorca-Foto 1950 / Botschafter Taylor beansprucht Untertassen als amerikanische Erfindung / mehrere italienische Erfinder von fliegenden Untertassen / der angebliche UFO-Erfinder Kurt Schnittke / Carl Wagner / Lino Saglioni / Kosinsky und die antarktische Basis der Nazis (direkter Weg zum Neo-Nazi-Aktivisten Zündel in Kanada) / Renato Moretti und Professor Albert Scholz / die Untertassen von Alexander George Weygers aus den 1920ern / Harold T. Frendts Erfindung / der Österreicher Erich Meindl und Doblhoffs Untertassen / Georg Sautier und die Erfindungen von Klein / der angebliche UFO-Zwischenfall von Schweinfurt im Zweiten Weltkrieg (Diese Schwindelgeschichte ging auf einen deutschen SF-Roman zurück und brachte es bis in die Majestic-12-Dokumente. Die Illustrationen waren einem US-SF-Heft entnommen.) / der französische Erfinder Robert Esnault-Pelterie / Hamburger Echo: Untertassen 1942 gebaut / der Erfinder Camille Mansour Shakour / Fazit.
Alleine diese stichpunktartigen Notizen zeigen, wie gründlich Verga gearbeitet hat. Selbst mir war mehr als die Hälfte der angeblichen Untertassenerfinder der Nazi-Zeit noch nicht bekannt. Im Fazit stellt Verga fest, dass sich keine der Behauptungen durch echte Dokumente erhärten lassen. Es sind alles Behauptungen ohne Belege, mit gefälschten Bauplänen, die oft genug ältere SF-Illustrationen kopieren. Verga verfolgt exakt, wie die Legende entstand – durch das Zusammenspiel deutscher, italienischer, amerikanischer und britischer Medien, die ohne Nachprüfung einfach voneinander kopierten.
Es gibt zwei lange Anhänge (zur deutschen Atombombe und zu Andreas Epp), 692 Fußnoten, ein Literaturverzeichnis und ein Register. Rundum empfehlenswert!
Ulrich Magin ∗ ∗ ∗ ∗ ∗
Tucker, S. D.: NaziUFOs: The Legends and Myths of Hitler’s Flying Saucers in WW 2. Pen & Sword, 2023
Tucker, S. D.: The Saucer and the Swastika: The Dark Myth of Nazi UFOs. Amberley 2023
Wiechmann, Gerhard: Von der deutschen Flugscheibe zum Nazi-UFO. Paderborn: Schönigh 2022
316 Seiten, Broschur, 21,5 x 1 28 cm, ISBN 9798859535606, Preis 29,96 € (geb. 36,38 €)
Independently published 2023
Quelle: JUFOF Nr. 271, 1/2024: 27 f
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